Stottern tritt bei etwa 5 % aller Kinder auf, wobei Buben rund dreimal so häufig betroffen sind wie Mädchen. Oft beginnt die Störung ohne erkennbare Ursache zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr.

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Stottern ist eine Störung des Redeflusses, bei der es zu Wiederholungen von Lauten, Silben und Wörtern sowie Unterbrechungen während des Sprechens kommt. Für Betroffene kann dies mitunter eine erhebliche seelische Belastung bedeuten. Oft kommt es zu einem Vermeidungsverhalten. Es stehen einige bewährte Therapieverfahren zur Verfügung, die einerseits bei der Sprechstörung selbst ansetzen und andererseits dabei helfen, den Umgang mit dem Stottern zu verbessern.

Stottern tritt bei etwa 5 % aller Kinder auf, wobei Buben rund dreimal so häufig betroffen sind wie Mädchen. Oft beginnt die Störung ohne erkennbare Ursache zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr. Bei rund 75 % der Kinder legt sich das Stottern von selbst, rund ein Viertel entwickelt eine dauerhafte Sprechstörung. Im Erwachsenenalter ist etwa 1 % der Bevölkerung von Stottern betroffen.

Vorurteile abbauen: Wissenswertes über das Stottern

  • Stottern ist keine psychische Störung, sondern vielmehr eine motorisch bedingte Sprechbehinderung.
  • Betroffene wissen zwar ganz genau, was sie sagen wollen, können das jeweilige Wort aber in dem Moment nicht aussprechen.
  • Für die Betroffenen ist das Reden mit einer großen Anstrengung verbunden. Deshalb kann es auch zu Verkrampfungen der Gesichtsmuskulatur oder begleitenden Körperbewegungen kommen.
  • Stottern ist kein Ausdruck einer gestörten Persönlichkeit oder von mangelnder Bildung.
  • Man unterscheidet Stottern normalerweise von so genannten Sprechunflüssigkeiten, die im frühen Kindesalter sehr häufig entwicklungsbedingt auftreten. Bei diesen Sprechunflüssigkeiten kommt es zu lockeren Wort- oder Teilsatzwiederholungen. Die für echtes Stottern typischen Lautwiederholungen, Lautdehnungen und Blockierungen treten hierbei nicht auf.

Symptome

Stottern äußert sich in der Regel durch folgende Merkmale:

  • Wiederholungen von Lauten, Silben oder Wörtern (z.B. "B-b-b-b-b-itte" oder "Undundund")
  • Dehnungen von Lauten (z.B. "aaaaaber")
  • Blockierungen von Lauten und Silben (z.b: "fortg...ehen")

Außerdem kann es zu einer Reihe von Begleitsymptomen kommen - sowohl auf sprachlicher als auch auf nichtsprachlicher Ebene. Dazu gehören unter anderem:

  • Verwenden von Füllwörtern
  • Vermeidungs- und Fluchtverhalten (z.B. sprachlich durch Austausch bestimmter Wörter oder sozial durch Vermeiden bestimmter Situationen)
  • physische Anspannung (angespannte Motorik, Gestik, Mimik); Mitbewegungen des Kopfes, der Arme oder des Oberkörpers
  • vegetative Reaktionen wie Herzrasen und Schwitzen
  • Sprechangst, Scham, soziale Phobie

Ursachen

Die Ursachen, die zum Stottern führen, sind noch nicht restlos erforscht. Es wird jedoch vermutet, dass ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren für die Entstehung ausschlaggebend ist. Dazu gehören genetische, neurologische sowie psychologische Ursachen.

  • Genetische FaktorenIn Studien konnte gezeigt werden, dass Stottern oft familiär gehäuft auftritt. Deshalb geht man heute davon aus, dass die genetische Veranlagung bei der Entwicklung der Störung eine gewisse Rolle spielt. In welchem Ausmaß und in welcher Form dies genau geschieht, ist noch nicht vollständig erforscht.
  • Neurologische Faktoren Man nimmt außerdem an, dass das Stottern mit gewissen neurologischen Störungen einhergeht. So konnten bei Betroffenen etwa bestimmte veränderte Gehirnaktivitäten während des Sprechens festgestellt werden, die bei "Normalsprechern" nicht in dieser Form auftreten.
  • Psychologische FaktorenAuch akute psychische Traumata oder psychiatrische Grunderkrankungen scheinen bei manchen Betroffenen eine Rolle zu spielen. Diese Faktoren sind jedoch niemals die Ursache für das Stottern - sie können höchstens dazu betragen, die Störung auszulösen bzw. sie zu verfestigen.

Therapie

Besonders im Kindesalter ist die Erfolgsquote der Therapiemöglichkeiten hoch. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Aussichten auf einen Therapieerfolg. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen einem indirekten und einem direkten Ansatz.

Beim indirekten Ansatz liegt der Fokus weitgehend nicht auf dem Sprechproblem selbst, sondern darauf, die Lust am Sprechen zu fördern und Ängste abzubauen.

Beim direkten Ansatz wiederum arbeitet die betroffene Person gemeinsam mit einer Logopädin/einem Logopäden unmittelbar an der Sprechstörung.

Zwei Therapiemethoden, die häufig eingesetzt werden sind das sogenannte "Fluency Shaping" und die Stottermodifikation.


Fluency Shaping

Beim Fluency Shaping geht es vorrangig um das Erlernen einer neuen Sprechweise. Zu Beginn dieses Prozesses wird die Sprechgeschwindigkeit stark reduziert. Spezifische Techniken, die dabei zum Einsatz kommen sind etwa der weiche Stimmeinsatz am Anfang eines Wortes oder das Dehnen von Lauten (prolongiertes Sprechen). Im Anschluss wird die Sprechgeschwindigkeit langsam und schrittweise erhöht - jedoch nur so weit, wie kein Stottern auftritt. Diese Methode muss immer wieder intensiv geübt werden, bis schließlich ein natürlicherer, flüssigerer Sprechfluss erlernt wird.


Stottermodifikation

Bei dieser Therapiemethode geht es nicht vorrangig darum, das Stottern vollständig zu vermeiden, sondern vor allem einen entspannteren Umgang damit zu erlernen. Ängste und negative Einstellungen gegenüber dem Sprechen sollen möglichst reduziert werden - gleichzeitig wird aber auch an der Sprechstörung selbst gearbeitet. So werden etwa bestimmte Techniken erlernt, um das Stottern "flüssiger" und weniger anstrengend zu machen. Die betroffene Person soll die Fähigkeit erwerben, auf das Stottern zu reagieren und in den gestörten Redefluss einzugreifen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass der/die Stotternde anhand praktischer Übungen die Erfahrung macht, dass Zuhörer in der Regel tolerant auf die Sprechstörung reagieren. Das soll einem potentiellen Vermeidungsverhalten entgegenwirken.

Medikamente gegen das Stottern?

Zugelassene Medikamente gegen Stottern gibt es noch nicht, neuere Studien zeigen jedoch erste Erfolge in diesem Bereich.

Tipps: So können Sie stotternden Gesprächspartner:innen helfen

  • Hören Sie Ihrem Gesprächspartner/Ihrer Gesprächspartnerin ruhig und geduldig zu.
  • Lassen Sie ihn/sie ausreden und unterbrechen Sie ihn/sie nicht.
  • Halten Sie den Blickkontakt und signalisieren Sie Aufmerksamkeit.
  • Verzichten Sie auf Ratschläge wie "denk erst nach" oder "sprich langsam“ - auch, wenn diese gut gemeint sind. Sie können den stotternden Menschen zusätzlich verunsichern.
  • Seien Sie stets respektvoll und machen Sie sich niemals über einen stotternden Menschen lustig. Das führt nicht nur zu Kränkung, sondern oft auch zu einer Verstärkung der Symptomatik.