Fettleibigkeit, auch als Adipositas bekannt, bringt häufig schwerwiegende soziale, sozioökonomische und gesundheitliche Folgen mit sich.

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Eine aktuelle Studie (https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/09567976241265037) legt jedoch nahe, dass diese Auswirkungen in Regionen, in denen Adipositas weit verbreitet ist, weniger stark ausgeprägt sein können.

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Jana Berkessel vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) an der Universität Mannheim untersuchte den Einfluss des kulturellen und regionalen Umfelds auf die Konsequenzen von Adipositas. Die Forschenden werteten dazu Archivdaten von über 3,4 Millionen Menschen aus den USA und Großbritannien aus. Die Ergebnisse zeigten, dass in Gebieten mit höheren Adipositasraten die negativen Auswirkungen für Betroffene abgemildert sind, was unter anderem auf eine geringere Stigmatisierung zurückzuführen sein könnte. Die Studie wurde in der US-amerikanischen Fachzeitschrift Psychological Science veröffentlicht.

Frühere Forschungen belegen, dass adipöse Menschen tendenziell häufiger arbeitslos sind, weniger soziale Kontakte haben und gesundheitlich sowohl physisch als auch psychisch schlechter dastehen. Außerdem sind sie oft mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert. „Wir wollten untersuchen, ob diese negativen Effekte in bestimmten kulturellen Kontexten stärker oder schwächer auftreten“, erläutert Dr. Berkessel. Die Studie zeigt, dass der Wohnort eine entscheidende Rolle spielt: In Regionen mit niedrigen Adipositasraten sind die Betroffenen häufiger arbeitslos und gesundheitlich schlechter aufgestellt als in Gegenden mit höheren Raten.

„Es ist naheliegend, dass Menschen mit Adipositas in Regionen, in denen die Fettleibigkeit seltener vorkommt, stärker auffallen und dadurch andere soziale Erfahrungen machen“, so Berkessel weiter. Sie erforscht den Einfluss sozialer Kontexte auf das individuelle Wohlbefinden. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein Teil der negativen Auswirkungen von Adipositas sozial bedingt ist und daher verringert werden kann.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich die weltweite Häufigkeit von Adipositas seit 1975 fast verdreifacht. Allein in den USA betragen die durch Adipositas verursachten Gesundheitskosten jährlich rund 147 Milliarden US-Dollar. Die Adipositasrate variiert jedoch erheblich zwischen verschiedenen Regionen: In manchen Teilen der USA sind über 50 Prozent der Bevölkerung betroffen, während in anderen Gebieten nur etwa fünf Prozent an Adipositas leiden.

Für ihre Analyse griffen die Forschenden auf drei umfangreiche Datensätze von Menschen aus den USA und Großbritannien zurück. Diese enthielten Informationen zu Gewicht, Körpergröße, Wohnort sowie sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Faktoren. Hohe Adipositasraten wurden insbesondere im Mittleren Westen, in den Südstaaten und Teilen der Ostküste der USA verzeichnet. Dagegen lagen die Raten in New England, Florida und den westlichen Bundesstaaten wie Kalifornien unter dem Durchschnitt. In Großbritannien waren vor allem der Norden und die Mitte des Landes betroffen, während die niedrigsten Raten im Süden, einschließlich London, zu finden waren.

Zusätzlich untersuchte das Forschungsteam die Einstellungen der Teilnehmenden zum Thema Gewicht und stellte fest, dass Vorurteile gegenüber Adipositas in Regionen mit höheren Adipositasraten weniger stark ausgeprägt waren. Dies könnte erklären, warum Menschen in diesen Gebieten seltener allein leben und über eine bessere Gesundheit berichten als ihre Pendants in Regionen mit niedrigeren Adipositasraten.