Bei körperlichen Symptomen ohne organische Ursache spricht man von somatoformen Störungen. Um der Ursache auf den Grund zu gehen, ist eine ganzheitliche Betrachtung notwendig.
„Das schlägt mir auf den Magen“, „Das habe ich mir zu Herzen genommen“, „Das muss ich erst einmal verdauen“ oder „Das bereitet mir Kopfzerbrechen“. Redewendungen wie diese sind uns im Alltag vertraut und beschreiben genau das, womit sich die Psychosomatik beschäftigt: Die Psyche beeinflusst den Körper und umgekehrt. Das kann zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen, die Betroffene oftmals zum Verzweifeln bringen. Denn ohne organische Ursache erfordert es weitaus mehr, als Tabletten zu schlucken, um die Beschwerden in den Griff zu bekommen. Es braucht die Auseinandersetzung mit sich und möglichen Auslösern sowie aufrechterhaltenden Faktoren.
Die Psychosomatik geht dabei vom bio-psycho-sozialen Modell aus. Demnach sind körperliche, psychische und soziale Faktoren untrennbar miteinander verbunden. Die Psyche leidet, wenn es dem Körper schlecht geht, beispielsweise bei chronischen Schmerzen. Umgekehrt spüren wir körperliche Auswirkungen, wenn es der Seele schlecht geht. So kann Angst etwa Herzrasen und Schweißausbrüche verursachen. Der Grund dafür ist, dass Gehirn und Körper durch Botenstoffe und das Nervensystem stets in einem Austausch stehen.
Langer Weg bis zur Diagnose
Nicht alle unklaren körperlichen Beschwerden sind psychisch bedingt. Mediziner:innen sollten daher nicht vorschnell von einer psychosomatischen Erkrankung ausgehen, wenn die Ursache nicht sofort erkennbar ist. Eine umfassende ganzheitliche Untersuchung ist notwendig. Stellt sich am Ende heraus, dass psychische Faktoren für die Entstehung und Aufrechterhaltung verantwortlich sind, spricht man von somatoformen Störungen.
Bis die Diagnose feststeht, haben Betroffene oftmals einen langen Weg von Arzt zu Ärztin hinter sich. Wenn lange Zeit Mediziner:innen keine Erklärung für die Beschwerden finden, können sich diese weiter verstärken und oftmals kommt auch die Angst hinzu, dass einem nicht geholfen werden kann und man sich sozusagen seinem Schicksal ergeben muss. Gefühle wie Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit entstehen, die sich wiederum negativ auf die Psyche auswirken – ein Teufelskreis.
Kränken macht krank
Schicksalsschläge, Ängste, andauernder Stress, emotionale Konflikte und Kränkungen sind Faktoren, die die Entstehung von somatoformen Krankheiten begünstigen. Unangenehme Gefühle werden oftmals verdrängt. Auf den ersten Blick scheint das auch zu funktionieren. Doch im Unterbewusstsein arbeiten sie weiter und körperliche Symptome sind dann oftmals eine Reaktion darauf.
Auch das Fehlen sozialer Kontakte spielt eine wesentliche Rolle bei psychosomatischen Beschwerden. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass einsame Menschen einen dauerhaft höheren Cortisolspiegel aufweisen. Das führt dazu, dass die Empfindlichkeit gegenüber Cortisol geschwächt wird, was wiederum zur Folge hat, dass die entzündungshemmende Wirkung des Stresshormons reduziert und auch das Immunsystem geschwächt wird. Herz-Kreislauf-Erkrankungen können begünstigt werden. Ebenso lässt ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel Blutdruck und Blutzucker steigen.
Therapiemöglichkeiten
Wie bereits erwähnt, haben Betroffene oftmals einen langen Weg hinter sich, bevor es heißt, dass die Psyche Auslöser für die Symptome ist. Damit sich die Beschwerden über die Zeit nicht verstärken und chronisch werden, ist es ratsam, schon frühzeitig psychologische oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unbewusste und verdrängte Gefühle können dadurch mit professioneller Unterstützung bearbeitet werden und auch Möglichkeiten, um mit Stress und Konflikten besser umgehen zu können, sind wichtige Themen in der Therapie.
Entspannungsübungen und Entspannungstrainings gehören ebenfalls zur Therapie. Loslassen und sich entspannen können fällt vielen Betroffenen schwer. Rastlosigkeit und Schlafstörungen sind Symptome, die auch durch den erhöhten Cortisolspiegel ausgelöst werden. Um das Stresshormon zu reduzieren und damit diese Negativspirale zu durchbrechen, braucht es ausreichend Möglichkeiten zur Entspannung – einerseits aktiv in Form von Bewegung und Sport und andererseits passiv in Form von Meditationen und Achtsamkeitstraining. Letzteres bewirkt, dass dem Symptom nicht mehr so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird und man nicht in die Grübelfalle mit Sätzen wie „Was ist, wenn …“ tappt. Durch Achtsamkeitstraining kann es gelingen, den Fokus auf andere Dinge im Hier und Jetzt zu richten.
Das Wichtigste ist, keine Scheu zu haben, sich rechtzeitig psychologische Hilfe zu holen. Denn die Beschwerden sind nicht ein Zeichen persönlicher Schwäche, sondern eine Reaktion des Körpers darauf, dass etwas aus dem seelischen Gleichgewicht geraten ist.
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