Babyblues statt Mutterglück

von
Camilla Burstein, MA
Credit: iStock
Aktualisiert am 14.02.2025

Es könnte alles so schön sein ... Neun Monate beschwerliche Schwangerschaft sind vorbei – der freudig erwartete Nachwuchs ist endlich da. Doch viele Frauen spüren nicht (nur) Euphorie. Wir haben einige Tipps für diese neue Lebensphase für Sie zusammengestellt.

Es gibt eine beträchtliche Anzahl an Frauen, die nach der Geburt unglücklich sind und psychische Probleme entwickeln. Man geht von rund 10 bis 15 Prozent aus, die eine Wochenbettdepression entwickeln. Zunächst eines vorweg: Es gibt die „normale“ Geburt nicht. Egal, ob „Spontangeburt“, Kaiserschnitt, lange Wehen oder Notsituation – alleine Sie entscheiden, ob die Geburt schwierig oder belastend war. Jedenfalls kann dieses Erlebnis nachwirken. So wie jede Geburt grundverschieden ist, so ist es auch das Wochenbett.

Die Angaben über die Häufigkeit von Depressionen variieren enorm – zudem liegt die Dunkelziffer wahrscheinlich sehr hoch. Psychische Störungen in Form von Depressionen, Angst- oder Zwangsstörungen stellen die häufigste Komplikation während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes dar. 

Die häufigsten Beschwerden sind postpartaler Blues (Babyblues) und postpartale Depression.

„Babyblues“

Streng genommen handelt es sich beim Babyblues nicht um eine Störung. Er dauert in der Regel nicht länger als zehn Tage und hat (noch) nichts mit einer postpartalen Depression, also der Wochenbettdepression, zu tun. Er tritt bei 25 bis 50 Prozent aller Jungmütter in den ersten Wochen nach der Geburt auf und verschwindet meist spontan. Der Babyblues wird von vielen Expert:innen als gesunde Reaktion der Frau auf die vielschichtigen Veränderungen durch die Geburt und das Muttersein betrachtet: zum Beispiel das Verarbeiten der Geburt, körperliche und seelische Anstrengung durch die Geburt, unterbrochene Nachtruhe aufgrund von Stillen nach Bedarf etc. Viele Frauen können ihre Gefühle kaum in Worte fassen und trauen sich kaum, darüber nachzudenken, und noch viel weniger, offen darüber zu sprechen.

Zu den häufigen Symptomen zählen extreme Sorgen um das Baby und die Zukunft, Weinerlichkeit, Niedergeschlagenheit, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, Aggressivität (vorher unbekannt), Gefühl von Verwirrtheit sowie leichte Schlaf- und Appetitstörungen.

Fragen Sie Ihre Hebamme um Rat. Wichtig zu wissen ist, dass diese leichte Störung normal ist, Schuld- und Schamgefühle sind absolut nicht notwendig. Die Geburt ist ein gewaltiger Einschnitt, der das ganze Leben verändert – ganz klar, dass sich viele kurzfristig einmal überfordert fühlen. Die Symptome betroffener Frauen sollten jedenfalls nicht heruntergespielt oder bagatellisiert werden.

Häufige Probleme

  • Klar kommunizieren: Fragen Sie sich: Was brauche ich jetzt, um mich besser zu fühlen? Wichtig ist, dass wir die Bitte klar und konkret äußern, vor allem, wenn sie sich an jemand anderen richtet. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass unser Gegenüber die Dinge erahnen kann. Holen Sie sich Hilfe. Gemeinsame Jause, Einkaufsservice bis hin zu Gesprächen mit Familie, Freunden oder auch einer netten Therapeutin. Nur Mut!
  • Schuldgefühle stoppen: Für unangemessene Schuldgefühle gibt es natürlich verhaltenstherapeutisch sehr gute Möglichkeiten. Zu sagen: „Fühl dich nicht schuldig!“ bewirkt eher das Gegenteil, das Schuldgefühl wird oft noch größer. Wir müssen einen Schritt zurückgehen und uns ganz genau den Schuldgedanken anschauen. Man sollte sich bewusst machen: „Ok, ich verfalle in Grübeleien und ich entscheide mich jetzt ganz bewusst dagegen. Weil ich weiß, dass es mir nichts bringt.“
  • Milchstau: ist im Wochenbett nicht selten. Bettruhe und viel Hautkontakt für Mutter und Baby helfen. Versuchen Sie weiterzustillen (alle zwei Stunden, auch nachts) und legen Sie eine warme Kompresse vor dem Stillen auf. Nach der Stillmahlzeit kann die Kühlung der Brust förderlich sein. Nach ärztlicher Rücksprache kann ein Schmerzmittel eingenommen werden. Wenn die Symptome nach 24 Stunden trotzdem nicht besser werden und gar grippeartige Symptome dazukommen, sollte die Mutter eine/n Arzt/Ärztin aufsuchen.
  • Wenn die Beziehung kriselt? Es ist wichtig, dass man sich als Liebespaar wiederfindet. Es kann hilfreich sein, sich bewusst miteinander zu verabreden. Das kann ein fester Abend pro Woche sein, an dem Nachbarn, Großeltern oder Babysitter auf das Kind aufpassen. Aber auch ein gemeinsames tägliches Ritual kann heilsam sein. 

Wochenbettdepression

Wenn diese Gefühle des Babyblues über das Wochenbett hinaus anhalten, vielleicht sogar immer intensiver werden und Symptome wie gedrückte Stimmung, Interessens- und Appetitverlust, erhöhte Ermüdbarkeit und Antriebsmangel sowie Schuldgefühle hinzukommen, dann kann es sein, dass es sich um eine postpartale Depression handelt. Da eine postpartale Depression Ihren Alltag stark beeinträchtigen kann, sollten sich Betroffene an Arzt/Ärztin oder Hebamme wenden.

Es kommt auch vor, dass eine Frau an einer postpartalen Depression erkrankt, ohne dass sie einen Babyblues hatte. Die meisten postpartalen Depressionen entwickeln sich in den ersten Wochen bis drei Monaten nach der Geburt. Übrigens: Jede Frau kann von einer postpartalen Depression betroffen sein, unabhängig vom Alter, vom Familienstand oder davon, das wievielte Kind geboren wurde. Wird die Depression früh behandelt, ist die Prognose gut. Wird sie spät oder gar nicht behandelt, kann sie sich chronifizieren. Die Therapie umfasst meist Psychotherapie und manchmal auch medikamentöse Therapie.

Camilla Burstein, MA

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