Die Stiftung Kindergesundheit mit Sitz in München weist auf aktuelle Studien hin, die belegen, dass intensiver Medienkonsum sowohl den Schlaf als auch die Lernfähigkeit beeinträchtigt.
Digitale Medien sind aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken. Ihre Nutzung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, wie die Stiftung Kindergesundheit in ihrem aktuellen „Kindergesundheitsbericht“ feststellt. Über 90 Prozent der 14- bis 19-Jährigen nutzen täglich soziale Netzwerke wie WhatsApp, Instagram oder Snapchat. Trotz der vielen Vorteile, etwa für das Lernen und die Kommunikation, treten auch Risiken immer deutlicher hervor. Besonders während der COVID-19-Pandemie stieg der intensive und teils suchtartige Medienkonsum stark an – mit spürbaren Folgen: zunehmende Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen.
Besorgniserregende Zahlen
- Bereits die Hälfte der dreijährigen Kinder schaut täglich bis zu einer Stunde Videos auf verschiedenen Endgeräten.
- Jedes siebte Kind verbringt täglich mehr als eine Stunde vor dem Bildschirm.
- 75 % der Jugendlichen nutzen ihr Smartphone noch in den letzten zehn Minuten vor dem Schlafengehen, jeder vierte sogar nach dem Lichtausschalten.
- Einige Jugendliche legen ihr Handy nachts unter das Kopfkissen.
- Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ergab, dass 8,4 % der 12- bis 17-Jährigen Anzeichen einer krankhaften Computerspiel- oder internetbezogenen Störung zeigen.
Warum Bildschirme den Schlaf stören
Bildschirme mit LED-Technologie strahlen blaues Licht aus, das die Produktion des Schlafhormons Melatonin hemmt. Dieses Hormon steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus und signalisiert dem Körper, wann es Zeit ist, müde zu werden. Wer abends lange auf den Bildschirm blickt, schläft später ein, gerät aus dem natürlichen Schlafrhythmus und fühlt sich am nächsten Morgen müder – mit negativen Auswirkungen auf Konzentration und Leistungsfähigkeit in Schule und Ausbildung.
Zusätzlich kann intensiver Medienkonsum zu einer Reizüberflutung führen. Besonders spannende Inhalte wie Videospiele oder Social Media halten das Gehirn in Alarmbereitschaft und erschweren das Einschlafen. Die Folge: eine schlechtere Gedächtnisleistung, verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration sowie eine erhöhte Fehleranfälligkeit.
Müdigkeit im Unterricht
Jugendliche, die ihr Smartphone bis spät in die Nacht nutzen, schlafen nicht nur weniger, sondern auch schlechter. Am Morgen fühlen sie sich oft unausgeruht und neigen dazu, im Unterricht einzunicken. Die daraus resultierende Tagesmüdigkeit begünstigt Bewegungsmangel, Konzentrationsprobleme und Stimmungsschwankungen.
Studien zeigen zudem, dass häufiges Multitasking mit digitalen Medien beim Lernen die Konzentration reduziert und das Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt. Dies führt zu einer geringeren Daueraufmerksamkeit und eingeschränkten Problemlösungsfähigkeiten. Wer sich während der Hausaufgaben ständig ablenken lässt, lernt ineffizienter und benötigt mehr Zeit für die Aufgaben.
Zu wenig Schlaf kann ernsthafte Folgen haben
Erholsamer Schlaf ist entscheidend für die körperliche und geistige Gesundheit. Wer über einen längeren Zeitraum schlecht schläft, wird anfälliger für Krankheiten. Das Risiko für Herzerkrankungen und Depressionen steigt, und Infektionen heilen langsamer. Zudem haben Menschen mit Schlafstörungen ein fünfmal höheres Risiko, Unfälle im Haushalt oder im Straßenverkehr zu erleiden.
Entgegen der weit verbreiteten Annahme arbeitet der Körper nachts nicht im Energiesparmodus – er verbraucht genauso viel Energie wie am Tag. Während des Schlafs wird das Wachstumshormon ausgeschüttet, das essenziell für das Knochenwachstum ist und zur Regeneration von Haut und Haaren beiträgt – daher auch der Begriff „Schönheitsschlaf“.
Schlaf verbessert die Lernleistung
Erholsamer Schlaf unterstützt nicht nur die körperliche Regeneration, sondern auch die geistige Entwicklung. Während der Nacht verarbeitet das Gehirn neue Informationen und stärkt die Fähigkeit zur Problemlösung. Ein Mangel an Schlaf hingegen kann Gedächtnislücken verursachen, die Leistungsfähigkeit am Tag um bis zu 25 Prozent verringern und das Immunsystem schwächen.
Was Eltern tun können
Um einen bewussten und gesunden Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit klare Regeln:
- In den letzten zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen sollte die Nutzung digitaler Medien möglichst reduziert werden.
- Smartphones gehören nicht ins Schlafzimmer – insbesondere nicht während der Nacht.
- Eltern sollten mit gutem Beispiel vorangehen und gemeinsam mit ihren Kindern feste Medienzeiten festlegen.
- Alternative Einschlafrituale wie Lesen oder das Hören beruhigender Musik können dabei helfen, leichter zur Ruhe zu kommen.
Strikte Verbote stoßen oft auf Widerstand. Stattdessen ist es sinnvoll, gemeinsam mit den Kindern klare Regeln zu entwickeln. Ein offenes Gespräch über die Vor- und Nachteile digitaler Medien kann das Bewusstsein schärfen und die Eigenverantwortung stärken. Auch ein bewusster Medienkonsum ist hilfreich – zum Beispiel, indem Inhalte gemeinsam angesehen und anschließend reflektiert werden. Zusätzlich können Eltern alternative Freizeitmöglichkeiten anbieten, wie gemeinsame Spieleabende oder sportliche Aktivitäten, um ein gesundes Gleichgewicht zwischen Bildschirmzeit und anderen Beschäftigungen zu schaffen. Wichtig ist, den Jugendlichen Vertrauen zu schenken und sie dabei zu unterstützen, einen eigenverantwortlichen Umgang mit digitalen Geräten zu entwickeln. So lassen sich Konflikte vermeiden und eine positive Eltern-Kind-Beziehung erhalten.
Ein bewusster Umgang mit Bildschirmmedien kann Kindern und Jugendlichen helfen, besser zu schlafen und tagsüber leistungsfähiger zu sein. Schlaf ist eine der wichtigsten Ressourcen für körperliches und geistiges Wohlbefinden - und damit Grundlage für eine gesunde Zukunft.