Jedes fünfte Paar in Österreich ist ungewollt kinderlos. Die Gründe hier-für können vielfältig sein. Ungewollte Kinderlosigkeit ist nichts, wofür man sich schämen müsste – es ist sogar sehr wichtig, darüber zu reden und sich rechtzeitig Hilfe zu holen.
Die Ursachen für eingeschränkte Fruchtbarkeit (Subfertilität), Unfruchtbarkeit (Sterilität) oder Probleme beim Austragen einer Schwangerschaft (Infertilität) sind sehr vielfältig und hängen von unterschiedlichen Faktoren ab. Neben organischen, genetischen und hormonellen Ursachen können auch psychische Belastungen und externe Einflüsse eine Rolle spielen. Unfruchtbarkeit und ein unerfüllter Kinderwunsch sind sehr sensible Themen, über die nicht gerne gesprochen wird, obwohl viele Paare in einer ähnlichen Situation sind. Der Weg in eine Kinderwunschklinik ist oft der erste Schritt, damit der Traum vom Wunschkind in Erfüllung gehen kann.
Ein Blick in die Gerüchteküche
- Die langjährige Einnahme der Pille macht unfruchtbar.
Falsch Aber der Körper wird während der Einnahme der Pille hormonell beeinflusst: Der Zyklus ist regelmäßiger, die Regelbeschwerden und Menstruationsblutung fallen häufig leichter aus. Nach dem Absetzen dauert es meist einige Zeit, bis der Körper wieder zu seinem natürlichen Zyklus und so zu seiner Fruchtbarkeit zurückfindet. Unfruchtbar macht die Pille aber auch nach langjähriger Einnahme nicht. - Unfruchtbarkeit liegt meist an der Frau.
Falsch Unfruchtbarkeit liegt zu gleichen Teilen an Mann und Frau. - Männer bleiben bis ins hohe Alter fruchtbar.
Falsch Die landläufige Meinung, dass die biologische Uhr nur bei der Frau tickt, ist falsch. Auch bei Männern nehmen Zeugungsfähigkeit und Spermienqualität mit steigendem Alter kontinuierlich ab. Ab dem 40. Lebensjahr werden weniger Spermien produziert, die zusätzlich in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind. Zudem können Spermien auch immer häufiger Chromosomenanomalien aufweisen, die das Risiko für eine genetische Erkrankung beim Kind erhöhen.
Frauen werden mit ca. 1–2 Millionen Eizellen geboren, im Alter von 37 Jahren hat eine Frau nur noch um die 25.000 Eizellen. Die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, liegt mit 30 noch bei 20 % pro Zyklus, mit 40 nur noch bei 5 %.
Sehr häufig ist auch eine Endometriose für den unerfüllten Kinderwunsch verantwortlich. Das Endometrium, auch Gebärmutterschleimhaut genannt, blutet mit jeder Regelblutung über die Scheide ab. Wächst nun gebärmutterähnliches Gewebe an anderen Stellen, wie z. B. an den Eierstöcken, im Bauchraum oder in der Muskelschicht der Gebärmutter, macht dieses Gewebe ebenfalls den regulären Zyklus durch und vergrößert sich.
Sehr starke Regelschmerzen sind oft ein Indiz für Endometriose. Auch das Polyzystische Ovarsyndrom kann die Erfüllung des Kinderwunsches erschweren. Typische Anzeichen sind Zyklusunregelmäßigkeiten bis hin zum völligen Ausbleiben der Menstruationsblutung, Auffälligkeiten des Hormonstatus (Blutanalyse) und ein auffälliger Ultraschallbefund. Das PCOS verursacht häufig Störungen der Eizellreifung bzw. des Eisprungs. Weitere Gründe der Unfruchtbarkeit können etwa Ovulationsprobleme oder auch ein Uterusmyom sein.
Auch beim Mann verschlechtern sich Qualität und Beweglichkeit der Spermien kontinuierlich. Weitere häufige Gründe sind Dysfunktionen der Samenproduktion oder des Samentransportes bzw. Funktionsstörungen der Spermien nach z. B. entzündlichen Erkrankungen der Hoden. Ein ungesunder Lebensstil (Alkohol- und Nikotinkonsum, Drogen, Stress, ungesunde Ernährung, Übergewicht) und externe Einflüsse können die Fruchtbarkeit bei beiden Geschlechtern negativ beeinflussen. Auch Medikamente wie Steroide, Opiate, Anabolika usw. können sich negativ auf die Spermienproduktion auswirken.
Unfruchtbarkeit frühzeitig erkennen
Die frühzeitige Diagnose von Unfruchtbarkeit ist wichtig für den Behandlungserfolg. Je früher mit der entsprechenden Behandlung begonnen wird, desto besser stehen die Chancen, dass der Traum vom Wunschkind verwirklicht werden kann. Eine umfassende Diagnostik mit Fertility-Checks für Frauen und Männer sowie ein offener Austausch helfen dabei, einen maßgeschneiderten Therapieplan zu erstellen.
„Die Hemmschwelle, sich Hilfe zu holen, ist anfangs meist sehr hoch. Dabei gilt: Je früher die Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch gefunden werden, desto größer sind die Chancen auf Behandlung und Erfolg“, erklärt Prim. Dr. med. Rudolf Rathmanner von der Kinderwunschklinik „Tiny Feet“. „Heute muss sich niemand mehr schämen, über Unfruchtbarkeit und deren Behandlung zu sprechen. Es macht Mut zu wissen, dass in jeder Schulklasse mindestens ein IVF-Kind sitzt!“
Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen Stimulation der Eierstöcke oder auch Samenübertragung direkt in die Gebärmutter. Was viele nicht wissen: Unter bestimmten Voraussetzungen übernimmt der IVF-Fond 70 % der Kosten einer künstlichen Befruchtung.