Nicht nur der Darm, auch die Haut ist von Milliarden von Mikroben besiedelt. Ist diese natürliche Hautflora intakt, geht es der Haut gut. Gerät sie aus dem Gleichgewicht, können Hauterkrankungen entstehen. Mikrobiotische Hautpflege soll dem entgegenwirken, doch es gibt noch viele offene Fragen.
Das Mikrobiom eines Menschen ist so einzigartig wie sein Fingerabdruck. Anders als der Fingerabdruck ist es jedoch variabel und kann von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen neben dem Alter der Hauttyp und der Hautzustand, das Klima und die Ernährung, Haustierkontakt und Hygieneverhalten sowie die Verwendung von Kosmetik- und Pflegeprodukten. Bereits kleine Veränderungen dieser Faktoren wie ein neues Pflegeprodukt oder ein Urlaub mit anderen klimatischen Bedingungen können bereits zu deutlichen Veränderungen am Hautmikrobiom führen.
Diese Variabilität macht es schwer festzulegen, wie genau ein gesundes Hautmikrobiom aussehen muss. Bekannt ist jedoch, dass es Abweichungen gibt, die bei allen Menschen mit bestimmten Hautkrankheiten auftreten. So geht die Akne mit einer vermehrten Besiedlung der Haut durch das Bakterium Cutibacterium acnes einher. Die Neurodermitis steht in engem Zusammenhang mit der Besiedlung der Haut durch das Bakterium Staphylococcus aureus. Je mehr Bakterien vorhanden sind, umso schwerer fällt die Erkrankung aus. Parallel dazu findet sich in den betroffenen Hautbereichen eine geringere Bakterienvielfalt und eine niedrigere Anzahl von Bakterien, die sich positiv auf die Hautflora auswirken.
6 Tipps für ein gesundes Hautmikrobiom
- Schonende Hautpflegeprodukte verwenden.
- Keine aggressiven Peelings benutzen und auch sanfte Peelings nicht zu oft anwenden.
- Für die Haut- und Haarreinigung kein heißes Wasser verwenden.
- Auf eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung mit möglichst frischen Lebensmitteln achten. Diese versorgen den Körper mit dringend benötigten Mikronährstoffen für die Hautgesundheit und unterstützen ein gesundes Darmmikrobiom, das sich wiederum positiv auf die Haut auswirkt.
- Auf eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung achten – am besten in Form von Wasser oder ungesüßten Kräuter- und Früchtetees.
- Stresspegel reduzieren – hilfreich dabei können regelmäßige Bewegung, Entspannungs- und Atemübungen sowie ausreichender Schlaf sein.
Mikrobiom ''gesund'' pflegen
Mikrobiotische Hautpflege setzt an diesen Ungleichgewichten an. Sie soll helfen, das Mikrobiom wieder ins Lot zu bringen und dieses langfristig zu stabilisieren. Denn bekannt ist: Ein gesundes Hautmikrobiom wirkt sich positiv auf den Säureschutzmantel aus. Die Hautbarriere wird gestärkt und der Wasserverlust über die Haut verringert. Typische Hautprobleme wie Spannungsgefühle, Reizungen, Juckreiz oder Rötungen, die bei vielen Hauterkrankungen mit nachgewiesenen Mikrobiomabweichungen auftreten, werden dadurch gelindert. In der Anwendung unterscheiden sich mikrobiotische Hautpflegeprodukte nicht von herkömmlichen Produkten.
Es gibt sie als Cremes oder Lotionen, die direkt auf die Haut aufgetragen werden können. Andere werden als Pulver angeboten, die in Wasser eingerührt zum Baden verwendet werden können. Welche Mikroorganismen und Inhaltsstoffe dabei im Einzelfall zum Einsatz kommen, ist von Produkt zu Produkt unterschiedlich. Einige Hersteller verfolgen das Prinzip, „problematische“ Bakterien zurückzudrängen, indem die Produkte das Wachstum „gesunder“ Bakterien anregen. Andere Produkte enthalten Inhaltsstoffe, die sich gezielt gegen bestimmte „problematische“ Bakterien richten, während Bakterien, die die Hautgesundheit fördern, geschont und unterstützt werden.
3 Formen der mikrobiologischen Hautpflege
- Probiotika: Probiotische Kosmetika enthalten lebende oder lebensfähige Mikroorganismen. Diese müssen nicht natürlicherweise auf der Haut vorkommen. Werden sie auf die Haut aufgetragen, wirken sie entweder direkt auf die Haut ein oder indirekt, indem sie Einfluss auf das Hautmikrobiom nehmen. Auf dem Kosmetikmarkt findet man sie derzeit eher selten.
- Präbiotika: Präbiotische Kosmetika können einzelne Mikroorganismen des Hautmikrobioms in ihrem Wachstum oder ihrer Aktivität gezielt beeinflussen, indem sie als Nährstoff für das Hautmikrobiom dienen. Beispiele dafür sind Joghurtextrakt und bestimmte Zucker.
- Postbiotika: Die in postbiotischen Kosmetika enthaltenen Inhaltsstoffe werden direkt aus Mikroorganismen gewonnen oder bestehen mitunter aus inaktivierten Mikroorganismen. Ein Beispiel hierfür ist die Milchsäure, die von Lactobacillus-Arten stammt.
Viele offene Fragen
Ob es tatsächlich gelingen kann, die Mikrobiomzusammensetzung nachhaltig zu beeinflussen, ist selbst unter Kosmetikexpert:innen noch nicht abschließend geklärt. So gibt es zwar einige Forschungsergebnisse, die eine Wirksamkeit in der Behandlung von Akne, Neurodermitis und Rosazea belegen konnten, diese sind aber sehr begrenzt. Auch Informationen zu Sicherheitsprofilen, Wirkmechanismen und dem therapeutischen Potenzial der Produkte sind aus Sicht vieler Expert:innen noch nicht umfangreich genug.
Für Verbraucher:innen hat das zur Folge, dass der Markt an mikrobiotischen Pflege- und Kosmetikprodukten zwar wächst, derzeit aber sehr unübersichtlich ist und eine unabhängige Produktauswahl oft nur schwer zu treffen ist. Hilfreich im Umgang mit den verwendeten Begrifflichkeiten kann die Definition der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche und angewandte Kosmetik sein (siehe Kasten). Eine Orientierung im Hinblick auf die Wirksamkeit bietet das Siegel „microbiome friendly“. Produkte, die es tragen, wurden mit standardisierten Tests in unabhängigen Laboren auf ihren Einfluss auf das Mikrobiom der Haut untersucht. Eine Übersicht bereits getesteter Produkte findet sich unter dem Link www.mymicrobiome.info/de/mikrobiom-freundliche-produkte-katalog.