Zahlreiche Untersuchungen bestätigen, dass es sich beim so genannten Placebo-Effekt um ein psychobiologisches Phänomen handelt, bei dem neurobiologische und psychologische Mechanismen in Gang gesetzt werden und positiv wirken können.
Der Name „Placebo“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Ich werde gefällig sein, einen Gefallen erweisen“. Das Wissen um Placebos – also Scheinmedikamente ohne Wirkstoff – ist nicht neu, wurden sie doch bereits in der Antike vom griechischen Arzt Hippokrates erfolgreich angewendet. Erste wissenschaftliche Untersuchungen dazu gab es dann Anfang der 1950er Jahre.
Dem jungen Militär-Arzt Henry Beecher ging im 2. Weltkrieg das schmerzstillende Morphin aus, und so spritzte er in seiner Not den verwundeten Soldaten eine wirkungslose Kochsalzlösung, die er als Morphin ausgab. Was geschah? Die Patienten klagten tatsächlich kaum über Schmerzen. Nach dem Krieg führte Beecher zahlreiche Untersuchungen zu diesem Thema durch und legte damit den Grundstein dafür, dass heute jedes neue Arzneimittel unter strengen Bedingungen gegen ein Placebo getestet wird und sich gegen dieses auch durchsetzen muss, um auf den Markt zu gelangen. Eine Vorgangsweise, die „randomisiert kontrollierte Doppelblindstudie“ genannt wird.
Was löst den Placebo-Effekt aus?
Das ist eine gute Frage, kommt der Placebo-Effekt doch selbst bei hochwirksamen Arzneimitteln wie Antibiotika zum Tragen, wenn sie falsch verwendet werden. Viele schwören auf ihre gute Wirksamkeit bei grippalen Virusinfektionen, obwohl sie hier gar nicht wirken können, da Antibiotika ausschließlich gegen Bakterien wirksam sind.
Neben einer gewissen Konditionierung von Kindheit an, die vermittelt, dass Arzt und Arzneimittel helfen können bzw. müssen, und der Erwartungshaltung des Patienten dem Arzt und dem Medikament gegenüber, werden in unserem Gehirn Vorgänge ausgelöst, die wiederum Hormone und verschiedene andere Prozesse des Körpers beeinflussen und sich so positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.
Bisher wurde der Placebo-Effekt hauptsächlich bei der Schmerzbekämpfung untersucht: Nach einer Zahnbehandlung erhielten Patienten ein scheinbar schmerzstillendes Medikament. Dabei konnte der deutlich auftretende schmerzreduzierende Effekt auf eine Ausschüttung von Endorphin, unserem „Glückshormon“, zurückgeführt werden.
Weitere Studien zeigen auch deutliche Placeboeffekte auf das Immunsystem, bei Morbus Parkinson und bei Depressionen. Bekannt ist zudem, dass ein überzeugtes Verordnen eines Placebos durch den Arzt dazu beitragen kann, vitale Werte – wie beispielsweise den Blutdruck – positiv zu beeinflussen.
Kennen Sie den Nocebo-Effekt?
Die Einbildungskraft hat aber nicht nur positive Auswirkungen. Der Nocebo-Effekt, ein bis dato noch eher unbekannter Begriff – „ich werde schaden“ – wurde als Gegenstück zum Placebo-Effekt eingeführt, um die negativen von den positiven Placebo-Wirkungen zu unterscheiden.
Nocebo beschreibt das Auftreten von negativen Wirkungen und einer Verschlimmerung durch eine Behandlung, die nicht auf die Wirk- oder Hilfsstoffe zurückzuführen sind, sondern auf eine negative Erwartungshaltung. Dies wurde sehr eindrucksvoll durch Studienteilnehmer belegt, die sich tatsächlich übergeben mussten, nachdem man ihnen gesagt hatte, sie hätten ein Brechmittel genommen.
Placebo oder Nocebo?
Das Aussehen der Arzneimittel hat großen Einfluss auf die Therapietreue und die Wirkung. Das beginnt bereits bei der Verpackung: die Schachtel und die Auffschrift müssen sympathisch bzw. gut lesbar sein. Auch die Größe spielt eine Rolle. Viele kleine Tabletten oder eine große scheinen in der Regel besser als eine normal große Tablette oder Kapsel zu helfen.
Und zu guter Letzt wird auch der Farbe eine spezielle Wirkung zugeordnet. Sie spielt häufig eine entscheidende Rolle und sollte auch zum erwarteten therapeutischen Effekt passen. Zum Beispiel eignen sich blaue oder grüne Kapseln eher für beunruhigende, gelbe oder rote hingegen für stimulierende oder antidepressiv wirkende Inhaltsstoffe.
In der Apotheke
Die Erkenntnisse aus der Placebo-Forschung haben natürlich auch in der Beratung rund ums Thema Arzneimittel großen Stellenwert und fließen tagtäglich in die zahlreichen Kundengespräche in Österreichs Apotheken mit ein. Neben einer fachlich fundierten Auskunft von Apothekern geht es auch darum, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, in der der Patient, der Kunde, sich wohlfühlt, Ratschläge annehmen und lernen kann, mit seinem Medikament sicher umzugehen. So wird der Heilungsprozess optimal unterstützt.
Das ist zwar keine neue Erkenntnis, dennoch hat sie bis heute Gültigkeit: Wie Platon schon vor mehr als 2.000 Jahren sagte: „Zur Arznei gehört ein Zauberspruch – und wer heilen will, muss ihn sprechen …“