Die Versprechen der sogenannten „Smart Drugs“ klingen verlockend: den Lernstoff in der Hälfte der Zeit bewältigen, nächtelang konzentriert durcharbeiten und sich Informationen bis ins kleinste Detail merken. Lernt es sich mit Pillen wirklich besser?
Unter Neuro-Enhancement versteht man die gezielte Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit mit biologisch aktiven Substanzen. Eine medizinische Indikation für ihren Gebrauch gibt es nicht. Im Vordergrund steht der Wunsch zur Selbstoptimierung. Die Anwender:innen erhoffen sich eine bessere Denkleistung, weniger Ermüdungserscheinungen und eine höhere Belastbarkeit in Stresssituationen.
Die Nachfrage scheint jedenfalls groß zu sein. So wären einer deutschen Studie zufolge mehr als 80 % der Befragten bereit, leistungssteigernde Substanzen einzunehmen, wenn diese sicher und frei verfügbar wären.
Welche Substanzen werden konsumiert?
Das „Gehirndoping“ umfasst sowohl den Konsum von frei zugänglichen Substanzen wie Coffein und Heilpflanzen wie Ginkgo biloba als auch die missbräuchliche Verwendung von verschreibungspflichtigen Medikamenten und reicht bis zum Konsum von illegalen Substanzen. Die Grenzen zwischen Lifestylepräparaten, Medikamenten und illegalen Drogen verschwimmen also zunehmend.
Volks„droge“ Coffein
Die weltweit am häufigsten konsumierte psychoaktive Substanz ist Coffein – enthalten in Kaffee, Tee, Schokolade oder auch in Energydrinks. Coffeintabletten sind in Österreich rezeptfrei in Apotheken erhältlich. In Dosierungen von 400–600 mg pro Tag steigert Coffein Aufmerksamkeit und Wachheit, möglicherweise auch die Reaktionsgeschwindigkeit, wobei die Effekte bei Müdigkeit stärker ausgeprägt sind. Unbeeinflusst bleiben hingegen Gedächtnisleistung und Stimmung. Bei höheren Dosierungen (> 600 mg/d) tritt ein Leistungseinbruch durch Nebenwirkungen wie Zittern, Reizbarkeit, schneller Herzschlag und Hyperaktivität auf.
Die „Demenzpflanze“
Ginkgo-biloba-Extrakte werden v. a. bei älteren Menschen zur symptomatischen Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen bei demenziellem Syndrom eingesetzt. Im Bereich der Demenzforschung zeigen mehrere Metaanalysen positive Ergebnisse bei günstigem Nebenwirkungsprofil. An Gesunden konnte bislang keine Verbesserung von Wachheit, Aufmerksamkeit und Gedächtnis nachgewiesen werden. Jedoch konnte auch bei gesunden Proband:innen eine erhöhte zerebrale Durchblutung beobachtet werden.
Leistungsniveau heben?
Der Wirkstoff Methylphenidat (MPH) ist bis heute Wirkstoff der Wahl bei ADHS im Kinder- und Jugendalter. Die Substanz unterliegt in Österreich der Suchtgiftverordnung. Mehrere Studien ergaben, dass durch die Einnahme von MPH das subjektive Empfinden des eigenen Leistungsniveaus positiv beeinflusst wurde, weniger jedoch die tatsächliche Leistung. Außerdem ist das Spektrum der Nebenwirkungen (Schlafstörungen, Selbstüberschätzung, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Tics, psychische Abhängigkeit) enorm.
Wachmacher bei Tagesschläfrigkeit
Modafinil ist ein Arzneistoff zur Behandlung der Narkolepsie („Schlafkrankheit“). Die Wirkung besteht in einer Steigerung der Wachheit während des Tages. Bei Müdigkeit kann eine Einzeldosis Modafinil auch bei gesunden Personen Wachheit und Reaktionsgeschwindigkeit nachweislich erhöhen. Bei einer Überaktivierung verschlechtert sich die individuelle Leistung mitunter sogar. Vor dem Einsatz muss aufgrund der Nebenwirkungen (Kopfschmerzen, Nervosität, Verwirrtheit, Herzrasen ...) gewarnt werden.