Nasenatmung als das neue Nonplusultra
Raus aus der Dusche, rein in den Pyjama, Zähneputzen, Mund zukleben und ab ins Bett: Wenn es nach den sozialen Medien geht, ist das die neue optimale Abendroutine. Der Idee des Mouth tapings liegt zugrunde, dass dadurch die Mundatmung verhindert wird, und die positiven Effekte der Nasenatmung voll zum Tragen kommen: Die Atemluft wird besser angefeuchtet, erwärmt und von Viren und Bakterien gefiltert. Zudem kann der Mund über Nacht nicht austrocknen, und die Ausatmung über die Nase aktiviert den Parasympathikus, was Stressabbau und Entspannung fördert. 1
Schlafunterbrechung bei Sauerstoffmangel
Aber auch einige Nachteile sind denkbar: Durch den Wegfall der Mundatmung kann mengenmäßig weniger Sauerstoff eingeatmet werden, wodurch der Sauerstoffgehalt des Blutes sinkt. Auch bei einer Erkältung oder verengten Nasenscheidewand ist das Zukleben des Mundes nicht empfehlenswert. Zwar werden wir rechtzeitig wach, bevor der Sauerstoffmangel zu groß wird, dem Erholungseffekt des Schlafes zuträglich ist ein häufiges Aufwachen jedoch freilich nicht. Personen mit Herz-Kreislauf-, Atemwegserkrankungen oder einer ausgeprägten obstruktiven Schlafapnoe (OSA, Verringerung oder komplettes Aussetzen der Atmung während des Schlafs) sollten jedenfalls auf Mouth-Taping verzichten. Und auch der Griff zum richtigen Tape ist wichtig, denn Klebstoffe aus zweckentfremdeten Klebebändern wie Kreppband oder Tesafilm können die empfindliche Haut der Lippenpartie reizen.
Weniger Atemaussetzer, weniger Speichelfluss
Gut untersucht ist die Fragestellung noch nicht. Eine aktuelle Metaanalyse sichtete daher neun Studien zum Thema Mundzukleben.2 In zwei davon verbesserte die Methode allein oder in Kombination mit einer speziellen Zahnschiene obstruktive Schlafpnoe. Gesunde Patient:innen berichteten außerdem über weniger Schnarchen, wenn sie sich nachts den Mund zuklebten. Sie wendeten jedoch auch andere Maßnahmen an, sodass unklar ist, ob tatsächlich das Mundzukleben für die Verringerung des Schnarchens verantwortlich war. Eine Studie fand – wenig überraschend - heraus, dass das Zukleben des Mundes bei Personen, die nachts eine Atemmaske tragen mussten, den Speichelfluss aus dem Mund im Schlaf effektiv verhinderte.
Die Autor:innen der Metaanalyse kommen zu dem Schluss, dass bisher wenig Konsens zum Mundzukleben vorliegt und wenige der behaupteten Effekte untersucht wurden. Sie erachten daher weitere Analysen für notwendig.
Quellen
1 Zaccaro et al., How breath-control can change your life: a systematic review on psycho-physiological correlates of slow breathing, Front Hum Neurosci, 2018,12:353
2 Fangmeyer S et al., Nocturnal mouth-taping and social media: A scoping review of the evidence, American Journal of Otolaryngology, Volume 46, Issue 1, January–February 2025