Auch in Zeiten der Corona-Pandemie soll nicht auf die FSME-Impfung vergessen werden.
Eines ist klar: Wer sich in Österreich im Freien aufhält, kann sich eine Zecke einfangen. Die kleinen Krabbeltiere sind überall – im eigenen Garten, beim Waldspaziergang oder auf dem Golfplatz. Ein Stich kann bei Ungeimpften zur Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, führen.
2020 wurden besonders viele FSME-Fälle dokumentiert
2020 sind die FSME-Fälle in Österreich auf ein Allzeithoch angestiegen: 215 Fälle wurden verzeichnet. Das ist eine deutliche Veränderung zum bisherigen Spitzenjahr 2018 mit 154 Fällen. Besonders stark betroffen waren Tirol und Oberösterreich, aber auch die anderen Bundesländer waren vertreten. Ähnlich war die Lage auch in unseren Nachbarländern.
Damit sich 2021 kein weiterer Negativrekord an FSME-Fällen ereignet, betonen heimische Experten bei einem Pressegespräch, dass nicht auf die regelmäßige Auffrischungsimpfung vergessen werden sollte.
„Beinahe die Hälfte der Spitalspatienten hatte einen schweren Verlauf, auch Todesopfer waren zu beklagen“, informiert Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferats der Österreichischen Ärztekammer. Schwere FSME-Fälle kamen in allen Altersgruppen vor.
Besonders heikel: In vier Fällen war die Ursache der Konsum von Rohmilchprodukten. Denn auch hier lauert die Gefahr von FSME. Erst die Pasteurisierung der Milch führt zur sicheren FSME-Abtötung.
Warum gab es 2020 so viele Fälle?
2020 gab es nicht nur mehr ausgewachsene Zecken, sondern man nimmt auch an, dass die COVID-19-Maßnahmen dazu geführt haben, dass sich die Menschen mehr im Freien aufhalten. Ein dritter Aspekt ist, dass die Österreicher ihren Urlaub aufgrund der Corona-Pandemie hauptsächlich im Land verbracht haben.
Auch 2021 erwartet man, dass sich besonders viele Menschen im Freien aufhalten und Urlaub im eigenen Land machen.
Gegen FSME hilft nur die Impfung
Gerade in Pandemiezeiten, wo es in den Medien ständig um die Corona-Impfstoffe geht, sollte nicht auf die FSME-Impfung vergessen werden. Denn bei FSME spielt die Prävention nach wie vor die zentrale Rolle. Die regelmäßige Auffrischung darf nicht vergessen werden. Gerade auch, weil es im Gegensatz zu COVID-19 keine Herdenimmunität gibt. Nur wer geimpft ist, hat einen Schutz.
„Die Impfung ist gut, wichtig und auch sicher“, so Schmitzberger. Studien bestätigen eine Schutzrate von über 95 %. Laut Univ. Prof. Dr. Herwig Kollaritsch, Facharzt für spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, gibt es trotz zig Millionen verabreichter Dosen bis heute keine Hinweise auf schwerwiegende Impfreaktionen.
FSME-Impfaktion läuft schon:
Seit über 30 Jahren gibt es in Österreich eine jährliche Impfaktion. Ab sofort und bis Ende August ist der Impfstoff in den heimischen Apotheken verbilligt erhältlich.
„Der Zecken-Impfstoff ist voll verfügbar und sicher“, so Dr. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer. Wer sich nicht sicher ist, wann die nächste Auffrischung nötig ist, könne mit seinem Impfpass in die Apotheke gehen und sich ausführlich beraten lassen.
Apo-App als elektronischer Impfpass
In der Apo-App der Österreichischen Apothekerkammer kann man eintragen, wann man geimpft wurde. Eine Reminder-Funktion erinnert einen an notwendige Auffrischungen.
Sämtliche Impfempfehlungen gemäß Impfplan des Sozialministeriums sind ebenfalls über die kostenlose mobile App abrufbar.
Die Apo-App gibt es im Google Play Store für Android-Geräte und im App Store für iOS-Geräte.
Wer soll sich impfen lassen?
- Alle, die bisher ungeimpft waren.
- Alle, die eine Auffrischung brauchen.
- Unter-60-Jährige, die zuletzt 2016 geimpft wurden (Auffrischung alle 5 Jahre).
- Bei der Altersgruppe 60+ gelten kürzere Auffrischungsintervalle: Alle 3 Jahre.
- All jene, die nicht wissen, wann ihre letzte Impfung durchgeführt wurde.
Kann man sich gleichzeitig gegen das Coronavirus und gegen FSME impfen lassen?
„Die Impfungen gegen FSME und COVID-19 kommen sich nicht in die Haare“, so Kollaritsch, der jedoch ergänzt: „Es wird aber empfohlen, zwischen den beiden Impfungen einen Abstand von 14 Tagen einzuhalten – aber nur deshalb, um eventuell auftretende Impfreaktionen zuordnen zu können.“ Schließlich werden mögliche Impfreaktionen im Zusammenhang mit Corona-Impfungen engmaschig protokolliert.
Wie verläuft FSME?
FSME ist eine schwere Viruserkrankung, die von Zecken und unpasteurisierter Milch auf den Menschen übertragen werden kann. Ohne Impfung kann FSME zur Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute sowie des Rückenmarks führen, bleibende Schäden hinterlassen und sogar tödlich enden.
Bei vielen Infizierten bricht die Krankheit zum Glück gar nicht aus. Ein Teil der Infizierten wird aber tatsächlich krank. Vom Zeckenstich bis zur Erkrankung kann es dauern: Die Inkubationszeit schwankt zwischen ein paar Tagen und einem Monat.
„Die klassische FSME-Erkrankung ist durch einen typischerweise zwei-gipfeligen Verlauf gekennzeichnet“, erklärt Priv.Doz. Bettina Pfausler von der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Innsbruck. In der ersten Phase der Erkrankung kommt es zu Symptomen ähnlich einer Grippe mit Fieber, Schnupfen, Glieder- und Muskelschmerzen. „Diese Symptome können mehrere Tage dauern. Bei zirka 50 Prozent ist die Infektion damit erledigt, das heißt, das Immunsystem hat die Viren erfolgreich bekämpft.“
Die anderen 50 Prozent hätten weniger Glück, so die Neurologin. „Sie erleben nach ein paar Tagen ohne Symptome eine zweite Phase, in der die Viren Gehirn und Rückenmark infizieren. Wie bei COVID-19 begünstigen Alter und Komorbiditäten schwere Verläufe, aber auch junge, gesunde Personen können schwer erkranken.“ Die Folge sind wochenlange Krankenhausaufenthalte.
In dieser zweiten Phase werden drei Erkrankungsformen unterschieden: Hirnhautentzündung (Meningitis), Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns (Meningoenzephalitis), Entzündung des Hirn- und Rückenmarkgewebes (Meningoenzephalomyelitis, -radikulitis).
Nach einer Entzündung des Gehirns sind Konzentrations- und Gedächtnisstörungen mögliche bleibende Folgeschäden. Bei einer Entzündung des Rückenmarks und des Hirnstamms können Symptome ähnlich der früheren Kinderlähmung auftreten. „Die Sterblichkeit liegt bei 30 Prozent und eine vollständige Erholung tritt nur bei 20 Prozent ein“, warnt die Neurologin vor einer Unterschätzung der Krankheit.
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