Vor allem während der Schwangerschaft ist eine ausgewogene Ernährung mit großer Lebensmittelvielfalt wichtig, um die Versorgung mit Energie und Nährstoffen für das Wachstum und die Entwicklung des Ungeborenen zu gewährleisten und um einer mütterlichen Unterversorgung vorzubeugen. Dabei ist eine Deckung des Vitalstoffbedarfs allein über die Nahrung nicht immer möglich. Auffallend hingegen ist der vergleichsweise geringe Anstieg des Energiebedarfs während der Schwangerschaft.
Ideal: Normalgewicht
Bereits vor der Schwangerschaft sollte möglichst das Normalgewicht (BMI zwischen 19–24 kg/m2) erreicht sein. Bei Übergewicht bzw. Adipositas vor der Schwangerschaft treten Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck und Geburtskomplikationen häufiger auf. Untergewicht vor der Schwangerschaft hingegen ist assoziiert mit einem steigenden Risiko für Frühgeburten, Fehlgeburten und einem niedrigen Geburtsgewicht. Aus diesen Gründen ist daher sowohl bei über- als auch untergewichtigen Frauen vor der Schwangerschaft eine Annäherung an das Normalge-wicht wünschenswert.
Energiebedarf oft überschätzt
Das Gerücht, eine Schwangere müsse „für zwei essen“, ist schon lange widerlegt. Der tägliche Energiebedarf ist erst im zweiten Drittel der Schwangerschaft (13. bis 27. Schwangerschaftswoche) leicht erhöht – um ca. 250 kcal pro Tag. Diese Energiemenge kann etwa mit einem Stück Vollkornbrot mit Käse oder einem großen Apfel zugeführt werden. Im letzten Schwangerschaftsdrittel erhöht sich der Energiebedarf um weitere 250 kcal. Damit liegt der Mehrbedarf insgesamt nur bei 500 kcal/Tag, egal ob es sich um Einzel- oder Mehrlingsschwangerschaften handelt. Da jedoch viele Schwangere im letzten Drittel körperlich weniger aktiv sind, als sie es vorher waren, ist ein Mehr an Kalorien oft nur bedingt notwendig. Es scheint eher so zu sein, dass Schwangere ihren Energiebedarf überschätzen, was nicht nur zu unnötiger Gewichtszunahme führt, sondern auch das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und daraus resultierendes überproportionales Wachstum und Gewichtszunahme des Kindes erhöht. Die angemessene Gewichtszunahme bei normalgewichtigen Frauen erscheint hoch: Sie liegt zwischen 10 und 16 kg.
Rechtzeitig informieren und beginnen
Die deutsche SuSe-Studie der Universitätskinderklinik Bochum zeigte, dass reichlich Aufklärungs- und Informationsbedarf zum Thema Nahrungsergänzung besteht, da sich viele Schwangere nicht an die Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften halten. Zwar gaben immerhin 82 % der befragten Mütter an, während der Schwangerschaft Folsäure eingenommen zu haben, doch gut die Hälfte von ihnen hatte damit später angefangen als empfohlen, nämlich erst nach Schwangerschaftsbeginn. Auch die Jodversorgung könnte besser sein: Nur jede zweite Befragte hatte während der Schwangerschaft ihre Ernährung durch ein Jodpräparat ergänzt.
Vorbeugen mit Folsäure
Bevölkerungsbezogene Studien konnten zeigen, dass es durch eine perikonzeptionelle Folsäure-Einnahme vor der Befruchtung zu einer Risikoreduktion für Neuralrohrdefekte kommt. Auch das Risiko von orofazialen Spaltbildungen war in einer Fall-Kontrollstudie bei den Müttern geringer, die folathaltige Multivitaminpräparate erhalten hatten. Daher sollen bereits Frauen, die eine Schwangerschaft planen, 400 μg Folsäure pro Tag oder äquivalente Dosen anderer Folate in Form eines Supplements einnehmen. Die Einnahme soll mindestens vier Wochen vor der Konzeption beginnen und bis zum Ende des 1. Schwangerschaftsdrittels fortgesetzt werden. Beginnt die Supplementation erst kurz vor oder sogar nach der Empfängnis, sollten höherdosierte Präparate mit 800 µg Folsäure/Tag verwendet werden.
Eisen – nicht für jede
In der Schwangerschaft braucht der Körper etwa doppelt so viel Eisen wie sonst, da das Ungeborene Eisenspeicher für die Monate nach der Geburt anlegen muss. Aber eine routinemäßige Eisensupplementierung aller Schwangeren wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nicht empfohlen. Da die Datenlage zum Nutzen einer generellen Eisensupplementation für das Kind nicht eindeutig ist, soll eine gezielte Eisensupplementation zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung nur nach einer ärztlich diagnostizierten Unterversorgung erfolgen. Bei Schwangeren ohne Eisenmangel lässt sich der Mehrbedarf durch die Ernährung decken. Dabei kann Eisen aus Fleisch und Fleischprodukten vom Körper am einfachsten resorbiert werden. Das in Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten enthaltene Eisen wird besser aufgenommen, wenn man Vitamin-C-reiches Obst oder Gemüse dazu isst.
Jod supplementieren
Vor und während der Schwangerschaft sollte auf eine ausreichende Jodzufuhr geachtet werden, da eine gute Jodversorgung elementar ist für die Entwicklung von Gehirn und Nervensystem des Ungeborenen sowie für die Schilddrüsenfunktion. So konnte in großen Langzeitstudien nachgewiesen werden, dass Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft unter Jodmangel litten, einen niedrigeren IQ hatten als Kinder, deren Mütter gut mit Jod versorgt waren.
Der tägliche Jodbedarf ist während der Schwangerschaft um 30 μg erhöht. Aufgrund einer vermehrten renalen Durchblutung und einer erhöhten Jodausscheidung im Urin soll täglich eine Menge von 230 μg Jod aufgenommen werden. Eine ausreichende Jodzufuhr kann auch mit einer ausgewogenen Ernährung während der Schwangerschaft kaum erreicht werden. Trotz der Verwendung von jodiertem Speisesalz und dem Verzehr von Meeresfisch oder Meeresfrüchten (2-mal pro Woche) sowie von Milch und Milchprodukten sollten Schwangere täglich ein Supplement mit 100 (bis 150) μg Jod einnehmen. Seetang und Algenprodukte sollten während der Schwangerschaft gemieden werden, da diese Produkte einen sehr variablen und oft hohen Gehalt an Jod aufweisen und reich an Arsen und anderen Kontaminanten sein können.
Bei Schilddrüsenerkrankungen soll vor der Supplementation eine Rücksprache mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin erfolgen.
Omega 3
Die langkettige Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) ist für die optimale Entwicklung der Sehfunktion und des Gehirns des Fetus wichtig. Die Datenlage zum Nutzen einer DHA-Supplementation in der Schwangerschaft für die kognitive Entwicklung des Kindes ist inkonsistent; Studien zeigten jedoch eine signifikante Verminderung des Risikos von frühen Frühgeburten. Die empfohlene Zufuhrmenge für Schwangere beträgt durchschnittlich 200 mg DHA täglich. Da in Österreich viele Schwangere nicht (regelmäßig) fettreichen Meeresfisch verzehren, wird empfohlen, DHA zu supplementieren.
Tipp von Ihrer Apothekerin
Apotheker-Tipp
von Mag. Pharm. Dr. Angelika Chlud
Frauen, die schwanger werden wollen, sollten …
- sich ausgewogen ernähren und körperlich aktiv sein.
- sich dem Normalgewicht bereits vor der Schwangerschaft annähern.
- 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag oder äquivalente Dosen anderer Folate in Form eines Supplements einnehmen.
- auf eine ausreichende Jodzufuhr achten.
- Alkohol meiden und nicht rauchen.
- ihre Zahngesundheit und ihren Impfstatus überprüfen lassen.
- Bei regelmäßiger Arzneimitteleinnahme eine ggf. erforderliche Dosisanpassung bzw. Medikamentenumstellung prüfen lassen.
Vitaminbedarf erhöht
In der Schwangerschaft erhöht sich der Bedarf an den Vitaminen der B-Gruppe (Vitamin B1, B2, B6, B12, Folat, Niacin) und an den antioxidativen Vitaminen A, C, E, kann aber nur zum Teil über eine ausgewogene Ernährung ergänzt werden.
Vitamin A ist essenziell für die Lungenentwicklung und -reifung im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel. Besonders im letzten Drittel wird Vitamin A in der fötalen Leber gespeichert, weshalb der Vitamin-A-Bedarf erhöht ist und auf eine ausreichende Zufuhr geachtet werden soll. Wenn die Mutter nicht genug versorgt wird, kann das Baby im Bauch langsamer wachsen, zu früh geboren werden oder zu wenig wiegen. Obwohl Leber die beste Quelle für Vitamin A darstellt, sollte sie aufgrund hoher Retinolmengen im ersten Trimenon nicht gegessen werden.
Eine adäquate Vitamin-D-Versorgung in der Schwangerschaft ist besonders wichtig, da der Vitamin-D-Spiegel der Mutter den des Babys beeinflusst. Bei häufiger Sonnenexposition kann die gewünschte Vitamin-D-Versorgung auch ohne die Einnahme eines Ergänzungspräparats erzielt werden. In der Regel reicht die Vitamin-D-Zufuhr über die Ernährung jedoch nicht aus, um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Ein einfacher Bluttest kann den Vitamin-D-Spiegel bestimmen und bei Bedarf kann eine gezielte Ergänzung helfen, mögliche Folgen eines Mangels zu vermeiden.