Rauschende Nachrichten und ständige Impulse – wenn Kinder sich nicht auf einzelne Aktivitäten konzentrieren können, im Unterricht aufgrund ihrer Unruhe negativ auffallen und auch noch aggressiv sind, dann denken Eltern und Umfeld schnell an ADHS. Doch wann spricht man von ADHS und wie kann man dem Kind helfen? Es gibt viele ineinander greifende Therapiemöglichkeiten – die medikamentöse Behandlung ist nur eine davon.

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Von einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind zwischen 3 und 12 % der Kinder betroffen. Die Schule bedeutet für Kinder mit ADHS den ultimativen „Härtetest“ – denn: Kinder mit ADHS haben eine verminderte Fähigkeit zur Selbststeuerung und Selbstkontrolle – und genau das ist beim stundenlangen Sitzen in der Schule gefragt. Expertinnen und Experten sprechen von ADHS dann, wenn Kernsymptome der Unaufmerksamkeit, Überaktivität und Impulsivität deutlich ausgeprägt sind und in mehreren Lebensbereichen (z. B. Schule und Freizeit) gleichzeitig auftreten. Zudem müssen diese Symptome die Entwicklung des Kindes nachhaltig behindern, seit mindestens sechs Monaten bestehen und schon vor dem 12. Lebensjahr auftreten. Die Unaufmerksamkeit zeigt sich z. B. darin, dass Kinder Schwierigkeiten haben, dauerhaft aufmerksam zu sein oder zuzuhören. Sie tun sich schwer, Anweisungen zu erfüllen oder eine Aufgabe fertig zu machen. Jede noch so kleine Ablenkung wird wahrgenommen und bringt sie aus der Konzentration. Zeichen der Hyperaktivität sind ständige Unruhe – sowohl in Händen und Füßen als auch innerlich – und die Mühe, ruhig zu sitzen oder zu spielen. Ein dauernder Redeschwall, nicht abwarten können und störendes Verhalten sind Zeichen der Impulsivität. Auch bei Kleinkindern kann ADHS schon auftreten, allerdings ist die Diagnose bei Kindern unter sieben Jahren schwieriger, weil die Symptome unspezifischer sind. Besteht ein Verdacht auf ADHS, sollten Eltern einen Spezialisten/eine Spezialistin aufsuchen. Dazu zählen Kinder- und Jugendpsychiater:innen, Kinderärzte und -ärztinnen mit Spezialisierung auf Psychosomatik und Spezialambulanzen.

Ursachen

Als Ursache von ADHS wird eine Reihe von neurobiologischen und psychosozialen Faktoren vermutet. Bei ADHS ist das Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn (Neurotransmitter) verändert. Insbesondere Dopamin und Noradrenalin spielen hier eine Rolle. ADHS kommt in Familien oft gehäuft vor – d. h., man muss auch von einem hohen erblichen Faktor ausgehen.

Die Behandlung

Die Therapie von Schulkindern mit ADHS ist vielschichtig und beinhaltet immer mehrere Therapiemaßnahmen.

  • Aufklärung: Als erstes erfolgt für Eltern, Kind und Erzieher:innen ein aufklärendes Gespräch über ADHS. Dabei werden Tipps gegeben, wie z. B. klare Botschaften zu formulieren, regelmäßige Essens- und Schlafenszeiten einzuhalten und einige wenige Regeln einzuführen, die ohne Wenn und Aber eingehalten werden müssen (Verhalten bei Gefahren, Rücksichtnahme, keine Gewalt), aber auch viel zu loben.
  • Psychotherapie für Eltern Psychoedukation, Elterntraining, Eltern-Kind-Therapie; für Kinder und Jugendliche in Form von Psychoedukation, Selbstinstruktionstraining, Selbstmanagement, soziales Kompetenztraining, Spieltherapie
  • Fortbildung für Lehrer:innen
  • Bewegung: regelmäßiger Sport
  • medikamentöse Therapie: Kinder mit ADHS können ab sechs Jahren unter fachärztlicher Verordnung medikamentös behandelt werden – vorausgesetzt, es bestehen keine Kontraindikationen. Zur Auswahl stehen Stimulanzien und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Die Kinder können ihre Aufmerksamkeit und Konzentration steigern, wodurch sie dann auch besser dazu in der Lage sind, ihr Verhalten zu beeinflussen.
  • Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren haben sich als Nahrungsergänzung bewährt; sie wirken sich positiv auf Gehirn und Nerven aus.

Stimulanzien

Besonders mit den Stimulanzien gibt es bereits lange Erfahrung bei ADHS und viele Studien dazu. Sie zeigen eine gute Wirksamkeit bei einem relativ günstigen Nebenwirkungsprofil und bilden daher die Standardtherapie. Entscheidend für die Wahl des Arzneimittels ist z. B., ob das Kind zu Mittag eine weitere Dosis einnehmen kann, wie lange die Aufmerksamkeit gehalten werden muss, ob Schlafstörungen vorliegen etc. Als häufige Nebenwirkungen der Stimulanzien treten Appetitverlust, Kopfschmerzen, Puls- und Blutdruckveränderungen sowie Schlafstörungen auf. Als Kontraindikation für Stimulanzien gelten psychiatrische Erkrankungen wie z.B. schwere Depression. Bei Kindern mit ADHS führen die Stimulanzien zu keiner Abhängigkeit. Das Arzneimittel sollte – so wie jedes andere auch – außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden. Dürfen ältere Kinder ihre Medikation schon z. B. für den Nachmittagsunterricht mitnehmen, sollten die Eltern ihnen nur die erforderliche Ration mitgeben.

Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer verbessern insbesondere die Kernsymptome Hyperaktivität, Impulsivität und Aufmerksamkeitsdefizit. Wichtig zu wissen ist, dass sie ihren maximalen Effekt erst nach mehreren Wochen erreichen. Das Nebenwirkungsprofil ist ähnlich wie bei den Stimulanzien. Selten kann es zu Gelbsucht und Hepatitis kommen.

Der Umgang mit betroffenen Kindern

Wie für jedes Kind ist es für Kinder mit ADHS wichtig, nicht nur ihre Schwächen zu betonen, sondern v. a. ihre Stärken zu erkennen und sie dabei zu unterstützen. Kinder mit ADHS haben oftmals in Bereichen, die ihnen besondere Freude bereiten, eine hohe Begeisterungsfähigkeit und punktuell auch eine große Konzentrationsfähigkeit. Kennzeichnend für Kinder mit ADHS ist oft auch ihre fast unerschöpfliche Energie, ihre große Neugier und ihr Ideenreichtum oder ihre Kreativität. Klare Regeln, ein regelmäßig strukturierter Tagesablauf, das Vermeiden von Überforderung und ausreichend Lob sind wichtig.