Der Hörsinn ist der einzige unserer Sinne, der immer im Einsatz ist – auch nachts. Geräusche können uns beruhigen und in positive Emotion versetzen. Sie können aber auch „wahnsinnig“ machen. Wir haben die wichtigsten Fakten für Sie zusammengefasst.
Hyperakusis: Alles zu viel
Bei der Hyperakusis handelt es sich um eine Überempfindlichkeit gegen alle Geräusche. Normale Umweltgeräusche werden verstärkt wahrgenommen. Die häufigste Ursache für eine Hyperakusis ist Stress. Da Geräusche aber selbst häufig Stressreaktionen auslösen, entsteht schnell ein Teufelskreis. In etwa 30 Prozent der Fälle ist eine Hyperakusis zusätzlich mit einem Tinnitus verbunden oder geht diesem voraus. Die gute Nachricht: Die Störung lässt sich rückgängig machen. Neben einem Hörtraining müssen aber auch die auslösenden Stressoren beseitigt werden.
Misophonie: Hass auf Geräusche
Bei der Misophonie (griechisch: Hass auf Geräusche) reagieren Personen aggressiv auf ein bestimmtes Geräusch. Es gibt etwa Patient:innen, die sich beklagen, dass ihr Nachbar jeden Abend, wenn sie schlafen wollen, stundenlang duscht. Das Geräusch mache sie verrückt und sie überlegten sogar, deswegen umzuziehen. Manche Menschen ertragen auch die Kau- und Schluckgeräusche ihrer Angehörigen nicht und vermeiden es, mit ihnen zusammen zu essen. Das Problem: Je größer die Abneigung, desto lauter und präsenter wirkt das Geräusch. Ein Teufelskreis. Da die emotionale Bewertung bei der Misophonie im Vordergrund steht, hilft in der Regel nur eine Verhaltenstherapie. Voraussetzung hierfür ist allerdings das Problembewusstsein der Betroffenen.
Phonophobie: Angst vor Geräuschen
Hier steht bei den Patient:innen anders als bei der Misophonie nicht aggressives, sondern ängstliches Verhalten im Vordergrund (griechisch: Angst vor Geräuschen). Dazu kommt es durch Konditionierung. Das heißt, bestimmte Geräusche werden unbewusst mit negativen oder traumatischen Ereignissen verbunden. Eine Therapie besteht daher meist aus einer Kombination von Hörtraining, individueller Stressreduktion und verhaltenstherapeutischen Maßnahmen.
Weitreichende Folgen: Schwerhörigkeit gehört behandelt
Schwerhörigkeit wird von den Betroffenen selbst oft nicht wahrgenommen. Dieses fehlende Problembewusstsein führt dazu, dass hörverbessernde Maßnahmen im Schnitt sieben Jahre zu spät eingeleitet werden und mehr als 60 Prozent der Altersschwerhörigen überhaupt nicht versorgt werden! Achtung: Schwerhörigkeit bedeutet nicht nur, schlecht hören zu können, sondern hat auch weitreichende Folgen für die Kommunikation und die Funktionsweise des Gehirns. Forschungen zeigen, dass eine unbehandelte Altersschwerhörigkeit Depressionen und Demenz begünstigt. Heute sind Hörgeräte winzige Hightech-Geräte. Trotzdem ist die Anwendung eines Hörgeräts kein Selbstläufer. Die eigene Hörverarbeitung muss sich erst an die verstärkten akustischen Signale gewöhnen – da ist Geduld und gegeben-enfalls laufende Anpassung durch Spezialist:innen gefragt.
Do’s & Don’ts: Gebrauchsanweisung für unser Gehör
- Gehör schützen: Lärm schadet in Abhängigkeit von Lautstärke und Einwirkdauer die empfindlichen äußeren Haarzellen im Innenohr und kann zu Hörverlusten und Ohrgeräuschen führen. Lautstärken über 85 dB(A) erfordern einen passenden Gehörschutz!
- Gehör kontrollieren lassen: Ganz wichtig sind regelmäßige Höruntersuchungen bei kleinen Kindern (unbehandelte Hörstörungen führen zu Entwicklungsverzögerungen). Im jungen Erwachsenenalter sollte vor allem ein akuter Hörverlust rasch abgeklärt werden. Spätestens ab dem 50. Lebensjahr sollten regelmäßige Höruntersuchungen stattfinden.
- Wasser im Ohr: Wenn das Wasser nicht einfach von allein abläuft, hilft meist eine Neigung des Kopfes in Richtung des betroffenen Ohres und das Hüpfen auf der Stelle. Gelingt auch das nicht → trockenföhnen (nicht zu heiß!). Sonst führt der Weg zum/zur HNO-Arzt/Ärztin.
- Entspannung: Schöne Geräusche erzeugen angenehme Gefühle und können dazu beitragen, dass wir uns besser entspannen. Besonders Naturgeräusche und rhythmische Musik eignen sich dafür.
- Reinigung? Nicht notwendig! Denn die Ohren reinigen sich von allein und jede Manipulation schadet eher, als dass sie nützt. Wattestäbchen im Ohr sind tabu!