Schätzungen zufolge sind 20 bis 30 Prozent der erwachsenen Männer und 40 bis 45 Prozent der erwachsenen Frauen von einer sexuellen Funktionsstörung betroffen – oft mit großem Leidensdruck. Doch was sind die Ursachen und welche Maßnahmen helfen?

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Wenn wir von sexuellen Funktionsstörungen sprechen, denken die meisten wahrscheinlich direkt an die Erektionsstörung beim Mann. Und ja: Sie ist fast für die Hälfte aller Männer über 40 zumindest phasenweise Thema. Für viele ist vielleicht eher überraschend, dass Frauen noch häufiger von sexuellen Funktionsstörungen betroffen sind. Hier sind vor allem Luststörungen, gefolgt von Störungen der sexuellen Erregbarkeit zu nennen.

Die Störungen können körperlich und psychisch bedingt sein. Man ist seinem Schicksal jedoch nicht machtlos ausgeliefert. Oft sind die Ursachen nämlich hausgemacht: eine Kombination aus zu wenig Bewegung und einem kontinuierlichen Überangebot an Nahrung. Inaktivität und übermäßige Fettdepots ziehen Stoffwechselstörungen nach sich. Die Folge können Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Herzinfarkt, aber auch sexuelle Dysfunktion oder Unfruchtbarkeit sein. Viele Betroffene leiden im Stillen. Das muss nicht sein: Holen Sie sich Hilfe.

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Mockup_LiebeLeichter - © Nicolai Worm, Christine Theiss; Gräfe und Unzer
© Nicolai Worm, Christine Theiss; Gräfe und Unzer

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Liebe leichter
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2023, Gräfe und Unzer, € 23,50
ISBN: 978-3-8338-8979-0
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Sexuelle Dysfunktion beim Mann

Schätzungen zufolge quält sich mehr als die Hälfte aller Männer über 60 mit Erektionsstörungen. Aber auch bei Männern über 40 ist dies keine Seltenheit und immer häufiger beginnt das Problem bereits bei jungen Männern von 20 oder 30 Jahren. Landläufig als „Impotenz“ bezeichnet, lautet der korrekte Fachbegriff eigentlich „erektile Dysfunktion“ (ED). Dass immer mehr junge Männer unter einer ED leiden, liegt oft an der modernen Bewegungsarmut mit einhergehendem Übergewicht bzw. Fettleibigkeit.

Vielfältige Ursachen

Bei Männern im mittleren und höheren Alter sind häufiger organische Ursachen für eine ED verantwortlich. Denn mit dem Alterungsprozess nimmt allmählich auch die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) zu, die zu mangelnder Durchblutung führen kann. Sexuelle Dysfunktion tritt aber auch gehäuft bei Menschen mit Fettleber, einem Metabolischen Syndrom und Typ-2-Diabetes auf. Auch Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum schädigen unsere Blutgefäße. Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Parkinson oder Operationen im Beckenbereich können ebenfalls eine ED begünstigen. Ebenso kann ein hormonelles Ungleichgewicht ausschlaggebend sein. Der Testosteronspiegel sinkt ab dem 35. Lebensjahr im Durchschnitt jährlich um ein Prozent. Allerdings setzt dieser Prozess bei übergewichtigen Männern oft deutlich früher ein. Natürlich begünstigen auch psychische Ursachen wie Ängste (z. B. Angst, beim Geschlechtsverkehr zu versagen), Unsicherheit und Stress eine ED.

Sexuelle Dysfunktion bei der Frau

Von einer sexuellen Dysfunktion wird gesprochen, wenn die Symptome seit mindestens einem halben Jahr bestehen, mit Leidensdruck verbunden sind und sich dadurch äußern, dass das sexuelle Erleben und Verhalten beeinträchtigt ist. Ein häufiges Problem von Frauen sind Schmerzen beim Sex (Dyspareunie). Ein weiteres Problem ist die Erregungsstörung. Hierbei bleibt trotz sexueller Stimulation die genitale Reaktion aus. Ein anderes Kapitel ist die Orgasmusstörung: Hier hat die Frau zwar Interesse an Sex und genießt diesen grundsätzlich auch, aber der Höhepunkt bleibt aus. Bei der Appetenzstörung sind grundsätzlich Erregung und Befriedigung möglich, doch die Frau hat kein Interesse am Sex.

Vielfältige Ursachen

Häufige Ursache von sexuellen Dysfunktionen ist eine Depression, wobei hier nicht immer klar ist, was von beiden zuerst da war. Verschiedene Ängste können ebenfalls zum Verlust der Libido beitragen, etwa vor einer Zurückweisung oder vor einem Kontrollverlust. Ein anderes Problem: Gerade Frauen setzen sich oft zu sehr unter Druck, was ihre äußere Erscheinung angeht. Wer sich selbst aber nur im Dunkeln erträgt, kann sein Liebesleben kaum entspannt genießen. Ein weiteres Problem können vergangene negative sexuelle Erfahrungen sein, die die Libido nachhaltig beeinflussen können.

Zu den körperlichen Ursachen zählen Fehlbildungen der Geschlechtsorgane, Infektionen des Genitalbereichs und der Scheide, Pilze, Trichomonaden, Bakterien oder Genitalherpes. Bei solchen Anzeichen ist Scham fehl am Platz – suchen Sie zügig Ihre Frauenärztin oder Ihren Frauenarzt auf. Eine weitere Ursache: Hyperprolaktinämie. Hier ist zu viel von dem Hormon Prolaktin im Blut. Außerhalb der Stillzeit sollte Prolaktin nicht erhöht sein und folglich bedarf ein auffälliger Wert immer einer Abklärung. Generell sollten bei Veränderungen des Hormonstatus Schilddrüse, die Leber und die Niere unter die Lupe genommen werden.

Fett und Hormone

Das Metabolische Syndrom (MetS) fasst eine Gruppe von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen. Dazu gehören vergrößerter Taillenumfang durch übermäßiges Bauchfett, erhöhte Spiegel von Fettsäuren, niedriges HDL-Cholesterin, erhöhte Blutzuckerwerte sowie Bluthochdruck. Treffen mindestens drei dieser fünf Faktoren zu, liegt ein MetS vor, das Auswirkungen auf Sexualität und Zeugungsfähigkeit haben kann. Fettzellen spielen eine wichtige Rolle im Körper. Sie speichern überschüssige Energie und geben sie bei Bedarf frei. Fett kann aber problematisch werden, wenn es sich im Bauchraum ansammelt (viszerales Fett), da es dann entzündliche Stoffe freisetzen kann, die zu verschiedenen Krankheiten führen. Fettgewebe im Bauchraum ist metabolisch aktiv und produziert eine Vielzahl von Hormonen. Eine funktionierende Hormonachse ist nicht nur für die Libido entscheidend, sondern auch für die Fruchtbarkeit. Bei Frauen kann es zu Zyklusstörungen und zum Polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) kommen. Bei PCOS wird zu viel Testosteron produziert, wodurch es zu einer Verschiebung des Hormongleichgewichts kommt. Dann finden keine regelmäßigen Eisprünge statt oder sie sind in ihrer Funktion eingeschränkt.

Lebensstilmaßnahmen

Wie eingangs erwähnt, müssen Sie als Betroffene/r nicht im Stillen leiden, es gibt einiges, das Sie selbst in der Hand haben und ändern können:

  • Ernährung: Abnehmen beziehungsweise Fett verlieren ist für die Lust wichtig. Aber: bitte „gesund“ Gewicht verlieren. Langfristig ist eine mediterrane Kost für den Stoffwechsel optimal.
  • Biorhythmus: Alle Vorgänge in unserem Körper folgen einem Biorhythmus. Dabei gibt es jedoch unterschiedliche Chronotypen. Die „Lerchen“ sind morgens früh wach und gut gelaunt, wollen aber abends auch früh essen und schlafen gehen. Die „Eulen“ sind morgens kaum ansprechbar und blühen erst abends richtig auf. Studien zeigen, dass man entsprechend seiner inneren Uhr leben und essen sollte.
  • Ausreichend schlafen: Schlafstörungen bringen die Hunger- und Sättigungshormone durcheinander, was eine Gewichtskontrolle bzw. -reduktion stark erschwert.
  • Stress: Chronischer negativer Stress führt zu dauerhaft erhöhten Cortisolspiegeln. Diese lassen den Blutzuckerspiegel und den Insulinspiegel ansteigen.
  • Sonne & Vitamin D: Vitamin D hat viele gesundheitsförderliche Eigenschaften, es ist etwa für die Steuerung des Immunsystems wichtig und wirkt entzündungshemmend. Umgekehrt fördert ein Mangel an Vitamin D die Insulinresistenz und ist ein Risikofaktor für Übergewicht.