In Österreich leben laut aktuellen Schätzungen 115.000 bis 130.000 Menschen mit einer Form von Demenz. Wie sich normale altersbedingte Vergesslichkeit und Demenz unterscheiden.

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Verlegte Hausschlüssel, das Vertauschen von einem Wochentag oder das kurzzeitige Vergessen von Namen. Mit zunehmendem Alter baut nicht nur unsere körperliche Leistungsfähigkeit ab, sondern auch die geistige. Sind derartige Erinnerungslücken die Ausnahme, werden sie für gewöhnlich nicht weiter beachtet. Kommt es jedoch immer wieder zu derartigen Vorfällen, werden Betroffene meist hellhörig und fragen sich: Habe ich schon Demenz?

Zunächst sollte man wissen, was Demenz eigentlich genau ist und welche Symptome damit einhergehen. Unterschieden wird zwischen primärer und sekundärer Demenz. Bei der primären Form handelt es sich um krankhafte Veränderungen des Gehirns, die mit einem fortschreitenden Verlust von geistigen Funktionen einhergehen. Am häufigsten betroffen sind Kurzzeitgedächtnis, Sprache, Orientierung und Motorik. Das selbstständige Erledigen von Alltagsaufgaben wird für Betroffene immer schwieriger. Bei der sekundären Demenz liegt eine andere Haupterkrankung vor, wie z. B. Alkoholismus, mangelnde Ernährung, unerwünschte Medikamentenwirkungen oder Organerkrankungen. Bei der sekundären Demenz ist der entscheidende Unterschied, dass die Gedächtnisleistung mit Besserung oder Heilung der Grunderkrankung ­oftmals wieder vollständig hergestellt werden kann.

Psychische Probleme machen vergesslich

demenz_shutterstock_1272275869 - Ab und zu nicht das richtige Wort zu finden oder gelegentlich Dinge zu verlegen sind normale Alterserscheinungen.
Ab und zu nicht das richtige Wort zu finden oder gelegentlich Dinge zu verlegen sind normale Alterserscheinungen.

Auch die Psyche spielt bei Vergesslichkeit eine entscheidende Rolle. Rund 25 Prozent der Patientinnen und Patienten, bei denen Vergesslichkeit untersucht wird, leiden an einer psychischen Erkrankung. Dauerstress und psychische Belastungen zeigen sich sehr häufig durch Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit. Man spricht dann von einer sogenannten Pseudodemenz. Symptome wie Schlafstörungen, Appetit- und Gewichtsverlust, Schuldgefühle, Freud- und Antriebslosigkeit sollten unbedingt abgeklärt werden, da sie auf eine Depression hinweisen können. Auch hier kann diese Form der Pseudodemenz mit entsprechender Behandlung der psychischen Erkrankung wieder vollständig abklingen.

Wissenswertes: Und was ist nun normal?

Folgende Symptome sind normale, altersbedingte Veränderungen:

  • Namen oder Verabredungen werden kurzfristig vergessen, später aber wieder erinnert.
  • Zerstreutheit, wenn viele Dinge gleichzeitig anstehen.
  • Gelegentlicher Hilfebedarf beim Umgang mit anspruchsvollen Alltagsanforderungen, zum Beispiel dem Programmieren des Fernsehers.
  • Sich dann und wann im Wochentag zu irren und es später zu merken.
  • Verändertes oder verringertes Sehvermögen, zum Beispiel aufgrund von Linsentrübung.
  • Ab und zu nicht das richtige Wort zu finden.
  • Dinge hin und wieder verlegen und dann wiederfinden.
  • Eine unüberlegte oder schlechte Entscheidung zu treffen.
  • Sich manchmal beansprucht fühlen durch Anforderungen bei der Arbeit, in der Familie oder durch soziale Verpflichtungen.
  • Irritation, wenn geregelte Alltagsabläufe geändert oder unterbrochen werden.

Diagnose und Verlauf

Wer sich unsicher ist, ob es sich um normale Vergesslichkeit oder doch Demenz handelt, sollte ­zuallererst mit dem Hausarzt/der Hausärztin darüber ­reden. Eine genauere Abklärung erfolgt dann durch ­Zu­weisung zum Neurologen/zur Neurolog:in. Für die Dia­gnose werden psychologische Tests, Laboruntersu­chungen und bildgebende Verfahren des Gehirns durchgeführt. Erst dann kann sicher gesagt werden, ob es sich tatsächlich um eine Form von Demenz handelt. Je nach Symptomen werden folgende Schweregrade unterschieden:

Leichte Demenz

  • Kognitive Beeinträchtigungen: Komplexe tägliche Aufgaben können nicht (mehr) ausgeführt werden.
  • Lebensführung: Die selbstständige Lebensführung (Alltag) wird zwar beeinflusst, ein unabhängiges Leben ist dennoch möglich.
  • Häufige affektive Störungen: Depression, Antriebsmangel, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen.
  • Benötigte Hilfe: fallweise notwendig.

Mittelschwere Demenz

  • Kognitive Beeinträchtigungen: Einfache Tätigkeiten können selbstständig ausgeführt werden, komplexe Tätigkeiten werden nicht mehr vollständig oder angemessen ausgeführt.
  • Lebensführung: Ein unabhängiges Leben ist nicht mehr möglich. Patient:innen sind auf fremde Hilfe angewiesen, eine selbstständige Lebensführung ist noch teilweise möglich.
  • Häufige affektive Störungen: Unruhe, psychotische Störungen, aggressive Verhaltensweisen, Schreien, gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, Nesteln (nervöse und ungeschickte Bewegungen der Hände, die etwas tasten und/oder suchen).
  • Benötigte Hilfe: Ist notwendig, jedoch keine un­unter­brochene Betreuung oder Beaufsichtigung.


Schwere Demenz

  • Kognitive Beeinträchtigungen: Gedankengänge können nicht mehr nachvollziehbar kommuniziert werden.
  • Lebensführung: Es ist keine unabhängige, selbstständige Lebensführung möglich.
  • Häufige affektive Störungen: Unruhe, psychotische Störungen, aggressive Verhaltensweisen, Schreien, gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, Nesteln (Störungen wie bei mittelschwerer Demenz).
  • Benötigte Hilfe: Dauerhafte Betreuung und Beaufsichtigung sind notwendig.

Medikamente & andere Therapieformen

Die Behandlung erfolgt einerseits durch Medikamente und andererseits durch eine Vielzahl an Therapien. Medikamente können das Absterben der Gehirnzellen zwar nicht aufhalten, jedoch Symptome lindern und zu einer vorübergehenden geistigen Stabilisierung führen.

Bei nichtmedikamentösen Therapieformen geht es vor allem darum, dass Betroffene in ihrem Alltag so gut wie möglich zurechtkommen. Dazu zählen unter anderem:

  • Training von alltäglichen Fertigkeiten: Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten einen positiven Einfluss des Trainings von alltäglichen Fertigkeiten auf den Krankheitsverlauf.
  • Körperliches Training, um Alltagsfunktionen, Beweglichkeit und Balance zu erhalten. Eine ergänzende Physiotherapie oder Ergotherapie kann nützlich sein.
  • Kognitive Interventionen: Sie zielen auf die Aktivierung geistiger Funktionen ab – wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, zeitliche und räumliche Orientierung etc. Die Übungen können einzeln oder in Gruppen, durch Therapeutinnen und Therapeuten oder trainierte Angehörige durchgeführt werden.

Apotheker-Tipp

von Mag. pharm. Michi Stipsits
Diana Apotheke Güssing

So stärken Sie Ihre geistige Fitness
Es gibt viele Ansätze, um sein Gedächtnis zu stär­ken und seine kognitiven Fähigkeiten zu trainie­ren. Eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf gelten als solide Basis, um die geistige Fitness möglichst lange zu bewahren. Außerdem wird empfohlen, sich mit folgenden Aktivitäten zu fordern:

  • das Pflegen sozialer Kontakte
  • ausreichende körperliche Bewegung
  • Lesen (+ neue Wissensgebiete aneignen)
  • Lösen von Kreuzworträtseln/Sudokus, Memory spielen
  • Lernen, ein Instrument zu spielen
  • Gehirn-Jogging-Apps für Denkspiele Wie sagte einst Eleanor Roosevelt: „Mach jeden Tag eine Sache, die dir Angst macht!“