Ohr_Gehör_shutterstock_1256063671 - Schwerhörigkeit kann Menschen jeden Alters betreffen. - © Shutterstock

Schwerhörigkeit

Was sind Anzeichen für Schwerhörigkeit und was kann man vorbeugend tun? Ein Überblick.

Schwerhörigkeit ist ein weit verbreitetes Problem. Ältere Menschen sind zwar häufiger betroffen, jedoch steigen die Zahlen auch unter den Jüngeren.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) können weltweit 1,6 Milliarden Menschen nicht oder nur schlecht hören. Bis zum Jahr 2050 könnte die Zahl der Betroffenen sogar auf 2,5 Milliarden ansteigen. Dabei wäre das in vielen Fällen vermeidbar. Die WHO schätzt, dass allein rund 1,1 Milliarden junge Menschen Hörschäden riskieren, weil sie zu oft zu laut Musik hören.

Lärm als Ursache

Ohrstöpsel_Gehör_shutterstock_1811679784 - In lauten Umgebungen ist ein Gehörschutz empfehlenswert. - © Shutterstock
In lauten Umgebungen ist ein Gehörschutz empfehlenswert. © Shutterstock

Unsere Ohren sind immer im Einsatz. Verkehrslärm, laute Musik, schreiende Kinder … wir können die Ohren nicht einfach verschließen wie etwa unsere Augen. Sind wir häufig Lärm ausgesetzt, kann uns das auf Dauer krankmachen und/oder unser Gehör schädigen.

Länger andauernder Lärm kann im Körper eine Stressreaktion auslösen. Ab etwa 60 Dezibel schüttet unser Körper die Stresshormone Cortisol und Adrenalin aus. Dadurch erhöhen sich die Herzfrequenz und der Blutdruck. Anhaltender Lärm kann sich auch auf unseren Stoffwechsel, auf den Schlaf, auf die Konzentration und auf die Muskelspannung auswirken. Außerdem kann unsere Lebensqualität stark in Mitleidenschaft gezogen werden.

Während wir Lautstärken um die 50 Dezibel als angenehm empfinden, werden Geräusche ab 85 Dezibel als Lärm wahrgenommen. Das entspricht etwa der Lautstärke einer viel befahrenen Straße. Ab 100 Dezibel kann Lärm schädlich sein und ab etwa 120 Dezibel wird die Schmerzgrenze erreicht.

Zu den größten Lärmquellen zählt der Straßenverkehr. In vielen Berufen steht Lärm an der Tagesordnung (z.B. Presslufthammer, Laubbläser, Kindertagesstätten, Zahnmedizin).

Über 85 dB(A) bzw. 137 dB(C) muss in Österreich Gehörschutz benutzt werden (§ 14 Abs. 1 VOLV). In diesen Fällen besteht für Arbeitnehmer:innen gesetzlich die Verpflichtung Gehörschutz zu benutzen. Arbeitgeber:innen dürfen ein widersprechendes Verhalten nicht dulden (§ 69 Abs. 3 ASchG).

Achtung:

Das Gesundheitsrisiko steigt mit der Höhe der Lautstärke und Dauer des Lärms.

Gehörschutz-Tipps

  • Ruhe: Unsere Augen können wir schließen, aber unser Gehör ist immer „on air“. Deshalb sollte man ihm hin und wieder eine Ruhepause gönnen.
  • Gehörschutz: Bei Bedarf Gehörschutz (z.B. Ohrstöpsel) verwenden (etwa beim Heimwerken, bei Konzerten)
  • Bitte leiser: Musik nur in normaler Lautstärke abspielen.
  • Lautsprecher meiden: Bei Konzerten/in Diskos etc. nicht in der Nähe der Lautsprecher aufhalten.
  • Die richtige Ohrpflege: Verwenden Sie Wattestäbchen niemals im Ohr. Sie können damit den Gehörgang verletzen.
  • Kälte und Wind: Schützen Sie Ihre Ohren bei Kälte und Wind mit einer Mütze oder einem Stirnband, wenn Sie zu Ohrentzündungen neigen.
  • Badeschutz: Im Wasser können Bakterien leicht eindringen. Schützen Sie empfindliche Ohren am besten mit einer Badekappe.
  • Gehen Sie zum (HNO-)Arzt, wenn Sie eine Verschlechterung des Hörvermögens bemerken.
  • Auch Kinder können unter Lärmschäden leiden. Bei Verdacht sollte der Arzt eine Kontrolle durchführen.

Hinweise für Schwerhörigkeit

Restaurant_shutterstock_1176142156 - Umgebungslärm kann es Schwerhörigen erschweren, einem Gespräch zu folgen. - © Shutterstock
Umgebungslärm kann es Schwerhörigen erschweren, einem Gespräch zu folgen. © Shutterstock

Bei Schwerhörigkeit (Hypakusis) ist das Hörvermögen eingeschränkt. Es können beide Ohren oder nur ein Ohr betroffen sein. Die Einschränkungen können vorübergehend, aber auch dauerhaft sein. Sie wird entweder im Laufe des Lebens erworben oder ist angeboren. Da Schwerhörigkeit zum Teil auch eine Alterserscheinung darstellt, sind ältere Menschen häufiger betroffen als junge.

Schwerhörige nehmen bestimmte Frequenzen und Tonlautstärken vermindert oder gar nicht mehr wahr. Mögliche Anzeichen sind:

  • Sie hören die üblichen Haushaltsgeräusche (z.B. tickende Uhr, brummender Kühlschrank) nicht mehr.
  • Bei Nebengeräuschen fällt Ihnen das Verstehen schwerer (z.B. bei Unterhaltungen im Restaurant mit Musik im Hintergrund).
  • Sie müssen öfter bei Gesprächen nachfragen und verstehen nicht alles.
  • Sie müssen den Fernseher/das Radio lauter stellen. Vielen Betroffenen fällt das erst auf, wenn sich Familienmitglieder oder Nachbarn über die Lautstärke beschweren.
  • Wenn man Sie von der Seite oder von hinten anspricht, bekommen Sie es nicht mit.
  • Bei Telefongesprächen verstehen Sie nicht mehr alles.

Ursachen für Schwerhörigkeit

  • Angeborene Schwerhörigkeit: Manche Menschen sind seit ihrer Geburt oder Kindheit schwerhörig oder gehörlos. Bei den meisten kommt es aber erst im Alter zu einer Minderung des Hörsinns.
  • Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis): Typisch ist hier, dass beide Ohren etwa gleich stark betroffen sind. Die Hörprobleme nehmen langsam zu. Zunächst werden nur leise Geräusche und Töne mit höheren Frequenzen schlechter gehört. Wird ein Gespräch von Nebengeräuschen begleitet, fällt das Zuhören und Verstehen schwerer. Mögliche Ursachen: Natürlicher Alterungsprozess, genetische Veranlagung, Umweltfaktoren wie Lärm.
  • Weitere mögliche Gründe: Schwerhörigkeit kann aber auch durch Infektionen, chronische Mittelohrentzündungen, lang andauernden Lärm oder durch Tumoren verursacht werden. Weitere mögliche Gründe sind Verstopfungen des Gehörgangs mit Ohrenschmalz, ein Hörsturz, eine Otosklerose (Versteifung der Gehörknöchelchen), Schädel-Verletzungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten.

Schallleitungsschwerhörigkeit:

Entsteht durch einen Verschluss des Gehörgangs. Der Schall kommt nicht mehr bis ins Innenohr. Oder: Schädigungen der schallleitenden Strukturen.

  • Akut Zum Beispiel: Vermehrte Bildung von Ohrschmalz, nach dem Baden Wasser im Ohr (Bade-Otitis), Entzündung des Gehörgangs (Otitis externa), Entzündung Gehörgang (Ohrfurunkel), Trommelfell durchstochen, Verletzungen im Mittelohr, Mittelohrentzündung (Otitis media)
  • Chronisch Zum Beispiel: angeborene Schallleitungsstörungen, chronische Mittelohrentzündung, Otosklerose, Tumoren im Gehörgang oder Mittelohr

Schallempfindungsschwerhörigkeit:

Wird durch Schädigungen im Innenohr oder am Hörnerv verursacht. Ist oft ein schleichender Prozess.

  • Akut Zum Beispiel: Hörsturz, Lärm über 120 dB, akute Infektion (etwa Hirnhautentzündung, Gürtelrose am Ohr, Mumps, Lues (Syphillis), Toxoplasmose, Borreliose, Masern, Scharlach, Typhus), Medikamenten-Nebenwirkungen, Vergiftungen (etwa Blei, Kohlenmonoxid, Quecksilber, Fluor), Schädelverletzungen, Elektrounfall oder Blitzschlag, sehr großer Stress
  • Chronisch Zum Beispiel: Angeborene Fehlbildungen, tägliche langandauernde Lärmbelastung über 80 dB, Alterungsprozesse, Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Nieren- oder Schilddrüsenerkrankungen, Arteriosklerose), Druckerhöhung (Morbus Menière)

Gut zu wissen:

Schwerhörigkeit schränkt in vielen Fällen die Lebensqualität ein. Betroffene fühlen sich häufig ausgeschlossen und isoliert. Manche ziehen sich vom sozialen Leben zurück. Es steigt das Unfall- und Sturzrisiko; auch eine Depression kann sich entwickeln.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Ob eine Schwerhörigkeit besteht, kann eine HNO-Ärztin/ein HNO-Arzt mit einem Hörtest feststellen. Möglicherweise werden noch weitere Untersuchungen durchgeführt. Die Ärztin/der Arzt kann mithilfe einer Hörkurve den Schweregrad der Schwerhörigkeit bestimmen.

Grad der Schwerhörigkeit:

  • Normalhörend: Abweichung bis 20 Dezibel (dB)
  • Geringgradig: Töne werden erst ab einer Schallintensität von 25 – 40 dB wahrgenommen (z.B. Ticken einer Armbanduhr wird nicht mehr wahrgenommen)
  • Mittelgradig: Hörverlust von mehr als 40 dB (z.B. Grundgeräusche in Wohngebieten nicht mehr wahrnehmbar)
  • Hochgradig: Hörverlust von mehr als 60 dB (z.B. Geprächspartner in normaler Lautstärke nicht mehr wahrnehmbar)
  • An Taubheit grenzend: Hörverlust von mehr als 80 dB (z.B. Laute Musik oder Autobahngeräusche nicht mehr wahrnehmbar)

Behandlungsoptionen

Hörgerät_Gehör_shutterstock_1135067897 - Hörgeräte werden vom Hörgeräteakustiker perfekt angepasst. - © Shutterstock
Hörgeräte werden vom Hörgeräteakustiker perfekt angepasst. © Shutterstock

Die Therapie und Prognose richten sich nach der Ursache der Hörminderung. Je nachdem können Medikamente, operative Eingriffe, Hörgeräte oder Hörprothesen die Hörfähigkeit wieder verbessern.

Ein vorübergehender Hörverlust, wie etwa eine Mittelohrentzündung oder ein Hörsturz können meist mit Medikamenten behandelt werden.

Wenn die ärztliche Empfehlung lautet, dass ein Hörgerät notwendig ist, dann führt der Weg zum Hörgeräteakustiker. Auf Basis der ärztlichen Diagnose empfiehlt dieser ein geeignetes Gerät und passt es an.

  • Hörgeräte verstärken leise Schallwellen und lenken sie ins Innenohr. Man unterscheidet zwischen Im-Ohr-Geräten und Hinter-dem-Ohr-Geräten: Im Ohr-Geräte sind klein und kaum sichtbar. Hinter-dem-Ohr-Geräte bieten dafür ein angenehmeres Tragegefühl und sind leichter zu handhaben. Lassen Sie sich hierzu am besten beraten.

Daneben gibt es auch Hörimplantate:

  • Cochlea-Implantat: Innenohrprothesen können hilfreich sein, wenn die/der Betroffene vollständig ertaubt ist (auch taub geborene Kinder) oder so schwerhörig ist, dass normale Hörgeräte nicht mehr helfen.
  • Mittelohrimplantat: eignet sich, wenn die/der Betroffene eigentlich ein normales Hörgerät bräuchte, dieses aber aufgrund wiederkehrender Gehörgangsentzündungen nicht tragen kann.
  • Knochenleitungsimplantat: wird bei anatomischen Fehlbildungen, Schallleitungs- und kombiniertem Hörverlust eingesetzt. Eignet sich dann, wenn das Außen- oder Mittelohr Geräusche nicht ausreichend an das Innenohr überträgt.
  • Hirnstammimplantat: Ist eine medizintechnische Hörprothese. Eignet sich z.B. für Menschen, die aufgrund eines beidseitigen funktionslosen Hörnervs taub sind.

Gut zu wissen:

Unser Gehirn kann die Fähigkeit, Sprache und Geräusche zu verarbeiten, verlernen. Deshalb sollte die Therapie mit einem Hörgerät möglichst früh beginnen.

Vereine für Schwerhörige

In Österreich gibt es zahlreiche Vereine und Schwerhörigengruppen. Auf der Internetseite des Österreichischen Schwerhörigenbunds (ÖSB) gibt es eine Liste.