Haarausfall ist zwar nicht gefährlich, beeinträchtigt aber die Lebensqualität. Dagegen gibt es wirkungsvolle Therapien. Um Erfolg zu haben, müssen die Wirkstoffe langfristig eingesetzt werden.
Kennen Sie das auch? Jeden Morgen landen beim Kämmen etliche Haare in der Bürste. Das ist noch kein Grund zur Sorge. Tag für Tag fallen 50 bis 100 Haare aus. Haarwurzeln haben nur eine zeitlich begrenzte Lebensdauer und sterben schließlich ab. Verlieren Sie allerdings mehr Haare, sollten Sie zu Ihrer Hautärztin oder Ihrem Hautarzt gehe
Der Haarzyklus:
Unsere Kopfbehaarung ist keineswegs homogen, die Haarwurzeln befinden sich in unterschiedlichen Wachstumsphasen.
- Die Anagenphase (Wachstumsphase) Etwa 85 bis 90 Prozent sind in der so genannten Anagenphase. Sie dauert zwei bis sechs Jahre. Hier bildet sich eine neue Haarwurzel, und das Haar beginnt zu wachsen.
- Die Katagenphase (Übergangsphase) Die Anagenphase geht in die zwei- bis dreiwöchige Katagenphase über. In der Zeit verengt sich das Haarfollikel – also die Struktur um eine Haarwurzel – und verkümmert schließlich. Das Haar fällt aus.
- Die Telogenphase (Ruhephase) Schätzungsweise ein Prozent aller Haarwurzeln ist in der Katagenphase und 18 Prozent erneuern sich während der Telogenphase. Die Zellteilung beginnt, und ein neues Haar entsteht. Dieser Abschnitt erstreckt sich über zwei bis vier Monate. Anschließend beginnt wieder die Wachstumsphase.
Wie läuft die Diagnose bei Haarausfall ab?
Ändert sich das natürliche Gleichgewicht aller Phasen, sprechen Ärzte von Haarausfall (Alopezie). Zum Nachweis fertigen sie ein Trichogramm an. Patienten sollen zuvor die Haare drei Tage lang nicht waschen und nur vorsichtig kämmen.
Bei der Untersuchung selbst werden 50 bis 100 Haare mit der Pinzette ausgezupft und unter dem Mikroskop angesehen. Mittlerweile sind auch Computer-Trichogramme möglich: Dermatologen beurteilen die Phasen aufgrund von Kameraaufnahmen digital.
Entscheidend ist, wie viele Haarwurzeln sich in den unterschiedlichen Phasen befinden. Auf dieser Basis stellen Ärzte ihre Diagnose. Bei neun von zehn Patienten finden sie Hinweise auf erblich bedingten Haarausfall. Diese androgenetische Alopezie kommt durch eine erhöhte Empfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber männlichen Sexualhormonen, den Androgenen, zustande.
Therapie mit Minoxidil: Männer brauchen mehr davon
Apotheker empfehlen bei androgenetischer Alopezie oft Minoxidil: ein Wirkstoff, der ursprünglich in Tablettenform zur Behandlung von Blutdruck gedacht war. Als Nebenwirkung beobachtete man stärkeren Haarwuchs, was den Weg zur äußerlichen Anwendung bei Haarausfall geebnet hat.
Wie Minoxidil wirkt, weiß man bis heute nicht genau. Vermutlich wird die Kopfhaut besser durchblutet und Wachstumsfaktoren werden gebildet.
Studien haben gezeigt, dass „seine“ und „ihre“ Kopfhaut unterschiedlich auf den Wirkstoff reagieren. Für Frauen gibt es zweiprozentige Präparate, für Männer sollte die Variante mit fünf Prozent gewählt werden.
Sichtbare Erfolge stellen sich bereits nach drei bis vier Monaten ein, wobei die besten Resultate nach einem Jahr zu beobachten sind. Das Präparat sollte zweimal täglich auf die betroffenen Regionen aufgetragen und leicht einmassiert werden. Vermeiden Sie den Kontakt mit Ihrer Gesichtshaut und waschen Sie die Hände bald danach. Wichtig ist, dass Minoxidil mehrere Stunden auf der Kopfhaut bleibt.
Therapie mit Finasterid: Reine Männersache
Auch Finasterid hat bereits eine Karriere hinter sich – als Arzneimittel zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung. Es blockiert im Körper ein Enzym, das Testosteron in seine aktive Form Dihydrotestosteron umwandelt. Haarwurzeln werden nicht mehr angegriffen, und die Haare fallen langsamer aus. Finasterid ist verschreibungspflichtig.
Kreisrunder Haarausfall: Schach dem Immunsystem
Anders als beim erblichen Haarausfall, der mehr Männer als Frauen betrifft, findet man beim kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) keine Unterschiede. Forscher gehen davon aus, dass fehlgeleitete Abwehrzellen unseres Körpers Haarwurzeln attackieren. Diese Autoimmunreaktion führt zum Haarausfall.
Hautärzte arbeiten zur Behandlung mit unterschiedlichen Wirkstoffen oder Verfahren, etwa mit Dithranol (Anthralin), um die Haut zu reizen und das Wachstum neuer Haare zu stimulieren.
Äußerlich – oder seltener innerlich – eingesetztes Kortison soll entzündliche Vorgänge bremsen. Auch eine äußerliche Immuntherapie mit Diphenylcyclopropenon zeigt Erfolge. Nicht zuletzt bleiben Phototherapien, die man von Patienten mit Schuppenflechte kennt.
Mit Lebensstilmaßnahmen gegen Haarausfall ankämpfen
Gegen Haarausfall helfen nicht nur Minoxidil, Finasterid & Co. Rauchen schadet den Haarwurzeln, und Stress hat ebenfalls negative Folgen. Vom gesunden Lebensstil profitiert auch die Haarpracht.
Damit nicht genug: Es gibt Hinweise, dass die Vitamine C und E, der Vitamin-B-Komplex inklusive Niacin (Vitamin B3) und Biotin (Vitamin B7) sowie diverse Spurenelemente wie Zink, Kupfer, Iod oder Eisen günstigen Einfluss auf die Haarwurzeln nehmen.
Ginkgo biloba, Aloe vera oder Coffein scheinen ähnlich zu wirken. Und grüner Tee, Cimicifuga oder Sägepalmenextrakte hemmen möglicherweise die Bildung von Dihydrotestosteron. Doch die Datenlage ist deutlich schlechter als bei synthetischen Wirkstoffen.
Sollten Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel nicht zum Erfolg führen, bleiben noch Eigenhaartransplantationen.