Forscher:innen der Universität Wien haben untersucht, wie sich der Alltag während des ersten Lockdowns auf den Stresslevel und die Stimmung der Menschen ausgewirkt hat.
Im Zuge der Studie wurde analysiert, wie es den Proband:innen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 im Verlauf des Tages erging. Über 700 Personen in Österreich, Italien und Deutschland beantworteten dabei eine Woche lang mehrmals täglich über eine Smartphone-App Fragen. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlicht. Laut den Forscher:innen ließ die ungewohnte Lockdown-Situation bei vielen Menschen die Konzentration des Stresshormons Kortisol sogar absinken - bei jungen und finanziell schlecht abgesicherten Personen stieg der Stresslevel jedoch.
Das Team um Claus Lamm, Urs Nater und Giorgia Silani von der Fakultät für Psychologie der Universität Wien kam zu dem Schluss, dass sich - im Vergleich zum "normalen" Alltag - während des Lockdowns "andere Stress- und Stimmungsverläufe im Alltag in Abhängigkeit bestimmter personenbezogener Risikofaktoren" zeigten. Normalerweise empfinden Menschen tagsüber mehr Stress, aber auch mehr Energie, während es am Abend in der Regel zu einem Abfall des Stresslevels kommt und Gefühle der Entspanntheit zunehmen. Diese typischen Stimmungsverläufe änderten sich während des Lockdowns bei bestimmten Personengruppen.
Mehr Stress für jüngere und finanziell weniger gut abgesicherte Menschen
So wurde beobachtet, dass vor allem jüngere Menschen in den Abendstunden ein hohes Stresslevel empfanden. Dasselbe traf auch auf Personen zu, die finanziell weniger gut abgesichert waren. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede zeigten sich. Während Männer über mehr Stress berichteten, klagten Frauen über mehr Energielosigkeit und Müdigkeit im Verlauf des Tages.
Allerdings stieg der Stresslevel bei weitem nicht bei allen untersuchten Personen während des Lockdowns. Im Gegenteil: Bei den meisten Proband:innen zeigte sich sogar ein Rückgang der Kortisol-Konzentration. "Dies könnte möglicherweise darauf hindeuten, dass die meisten Studienteilnehmenden während des ersten Lockdowns unter weniger Alltagsstressoren litten als zuvor, wohingegen nur bestimmte Personengruppen mit einer endokrinen Stressantwort auf die Lockdownmaßnahmen reagierten. Dies deckt sich mit der bisherigen Literatur, die beispielsweise Kortisolanstiege bei in der Pandemie besonders herausgeforderten Personengruppen nachwies, wie beispielsweise bei Personal des Gesundheitswesens", so Silani.
red