Könnten unsere Füße ihr Dasein selbst bestimmen, würden sie garantiert eines ohne Schuhe wählen. Barfußgehen ist schließlich nicht nur gesund, sondern macht auch schöne Beine.

Artikel drucken

Der äthiopische Läufer Abebe Bikila haderte 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom mit einem Problem, das heutzutage kaum vorstellbar ist: Vor dem Marathonlauf stellte sich heraus, dass seine Sportschuhe zu sehr abgenutzt waren, um sie noch einmal verwenden zu können. Und weil sich in ganz Rom kein passender Ersatzschuh finden ließ, ging Bikila einfach barfuß an den Start. Er gewann daraufhin Gold in Weltrekordzeit und errang die erste olympische Medaille für Afrika. Für den Sportler keine große Sache, für den Rest der Welt allerdings eine Sensation. Nachdem schon Pfarrer Kneipp die Bedeutung des Barfußgehens als wirksames Kurmittel erkannt hat, raten auch Orthopädinnen wieder vermehrt dazu, bewusst auf Schuhwerk zu verzichten und öfters „unten ohne“ zu gehen.

Direkter Bodenkontakt

„Schuhsohlen behindern das Abrollen und die Bewegung der Zehen und verleiten daher zum harten Auftreten auf der Ferse. Zusätzlich fallen die Fußsohlenreflexe, die zur Steuerung des Gehens da sind, völlig aus. Der Fuß verlernt, sich wechselnden Untergründen automatisch anzupassen“, erklärt der Wiener Orthopäde Dr. Patrick Mader. „Ohne Schuhe können sich die Füße hingegen frei bewegen, die Muskeln sind voll in Aktion, der Körper richtet sich automatisch auf. Gleichzeitig wird das Gewicht von der Fußsohle auf die Außenkanten verlagert und so besser verteilt.“

Beim Barfußgehen sind die Nervenbahnen der Fußsohlen ständig aktiviert, und auch die Zehen werden für den Bodenkontakt eingesetzt: Dadurch können Stöße besser gedämpft und Unebenheiten leichter ausgeglichen werden. Nackte Füße befinden sich in einer ständigen Grundspannung, die unsere Bewegung stabilisiert. Das ist auch der Grund, wieso Menschen, die ihre Wege ohne Schuhe zurücklegen, auch viel seltener mit Senk- und Plattfüßen konfrontiert sind. Auch Hornhaut ist bei ihnen eher die Ausnahme, wie Mader betont: „Schwielen sind nämlich kein Zeichen für abgehärtete Füße, sondern ein Hinweis auf verstärkten, unnatürlichen Druck – v. a. an Fersen und Ballen“. Es lohnt sich also, zumindest in der Wohnung, im Garten und auf sauberen Wiesen öfters auf Schuhe zu verzichten. Auch auf Sand- oder Kieselstränden fühlen sich die Füße nackt am besten aufgehoben.

Tägliche Barfuß-Reizung

Der Münchner Fußkartograph und Barfußexperte Carsten Stark rät, mit rund zehn Minuten „Barfuß-Reizung“ täglich zu beginnen: „Man geht zunächst auf ungefährlichem Untergrund – Gras, Sand, gern auch auf schmutzigen Flächen wie Schlamm. Dann erweitert man den Radius und probiert andere Böden. Solche, die unregelmäßiger sind, vielleicht eine leichte Hanglage haben, einen Schotterweg, unnatürliche Böden wie Asphalt.“ Schnell wird man merken, wie Gehirn und Körper auf die Arbeit der Füße reagieren: „Manchmal zeigt ein leichtes Kribbeln der Fußsohlen an, dass sich die Wahrnehmung der Füße verändert. Zudem wird man sofort wacher und aufmerksamer.“ Und langfristig auch gesünder.

Der beste Weg für die Füße ist übrigens der steinige: Für das Barfußtraining zu Hause bewährt sich eine Steinwanne mit so genannten Trommelsteinen. Laut Barfußexperten Carsten Stark gibt es kaum eine körperliche Funktion, die durch das tägliche Steinetreten nicht gefördert wird.

Buchtipp: Das Buch für die Ferse

buchfürdieferse_südwest

Das Buch für die Ferse
Ganzheitliche Gesundheit für Ferse, Fersensporn und Achillessehne
Füße gut, alles gut
Carsten Stark, 2020, südwest, € 20,60 ISBN: 978-3-517-09864-7

Erhältlich bei Buchaktuell in 1090 Wien oder online bei Buchaktuell.at.
Unterstützen Sie den heimischen Buchhandel.